: Kein Durchblick bei Politiker-Nebentätigkeiten
Landtag zieht erste Konsequenzen aus den RWE-Filzaffären: Abgeordnete sollen auf Bezüge ohne Gegenleistung verzichten – doch die Forderung nach Offenlegung aller Einnahmen scheitert. Bewegung der CDU bei Diätenreform
DÜSSELDORF taz ■ Das nordrhein-westfälische Abgeordnetengesetz wird geändert: Parlamentarier-Einkünfte ohne entsprechende Gegenleistung sollen ab der kommenden Legislaturperiode verboten sein. Das sieht ein Gesetzentwurf von allen im Landtag vertretenen Parteien unterstützter Gesetzentwurf vor, mit dem die Landespolitik die Kosequenzen aus den RWE-Filzaffären um CDU-Bundesgeneralsekretär Laurenz Meyer und den christdemokratischen Sozialpolitiker Hermann-Josef Arentz ziehen will. Die beiden Christdemokraten waren von dem Stromversorger alimentiert worden, ohne der Öffentlichkeit erklären zu können, wofür genau das Geld floss. Am Montag erklärte auch die FDP-Bundestagsabgeordnete Ulrike Flach erklärte ihren Rücktritt vom Amt der stellvertretenden Landesvorsitzenden – die Diplom-Übersetzerin hatte vom Elektrokonzern Siemens 60.000 Euro jährlich erhalten.
Nicht durchsetzen konnten sich dagegen die Grünen mit ihrer Forderung nach voller Transparenz: Auch in Zukunft werden die Abgeordneten ihre Einkünfte aus Nebenjobs lediglich dem Landtagspräsidenten nennen müssen, der nur bei offensichtlichen Unregelmäßigkeiten und Interessenkonflikten tätig werden soll. „Wer nichts zu verbergen hat, kann offen legen“, konterte der parlamentarische Geschäftsführer Johannes Remmel in der gestrigen Plenardebatte – und legte einen eigenen Gesetzentwurf vor. „Unsere Genehmigungsbehörde ist das Volk.“
Den Fraktionen von SPD, CDU und FDP ging so viel Offenheit aber zu weit. Der Zwang zur Offenlegung aller Einkünfte führe zu einem Beamtenparlament, argumentieren vor allem Christdemokraten und Liberale – gerade Freiberufler und Selbstständige würden abgeschreckt. Und ohne Nebenjob stünden viele Abgeordnete vor dem beruflichen Nichts, jammerte vor allem die Liberale Marianne Thomann-Stahl, deren Partei 1995 aus dem Landtag flog: „Wir haben schlimme Lebensläufe erleben müssen. Da reichen auch die Übergangsgelder nicht aus.“ Ein Argument gegen die Offenlegung aller Einkünfte ist das aber nicht, findet selbst Thomann-Stahls Parteifreund Stefan Grüll. „Auch als Freiberufler bin ich für eine Veröffentlichungspflicht“, so der FDP-Abgeordnete und Rechtsanwalt zur taz.
Bewegung gibt es auch in der Frage der Diätenreform. SPD, Grüne und FDP wollen die Diäten mit Unterstützung des Bunds der Steuerzahler (BdST) auf 9.500 Euro verdoppeln. Im Gegenzug sollen alle Privilegien, etwa steuerfreie Pauschalen und die üppige Altersversorgung der Abgeordneten gekappt werden – doch bisher blockierte die CDU. Oppositionsführer Jürgen Rüttgers signalisiert zwar noch steuerliche Bedenken, gerät aber vor dem Hintergrund des Wahlkampfs und einer vom BdST gestarteten Volksinitiative unter Druck. „Der CDU-Abgeordnete Bernhard Tenhumberg lässt sich bereits in der Bild-Zeitung zitieren: „Ich appelliere an meinen Fraktionsvorsitzenden Jürgen Rüttgers, alles zu tun, dass die Reform zu Beginn der neuen Legislaturperiode in Kraft treten kann.“ ANDREAS WYPUTTA