: Studieren im Norden bezahlbar
Verfassungsgerichts-Spruch: Hamburg und Niedersachsen wollen Uni-Gebühren – die übrigen Länder werden folgen
„Rechtsprechung hat nicht immer etwas mit Gerechtigkeit zu tun“, sagte ein Asta-Sprecher der Uni Hannover, als an diesem Morgen auch in der Landeshauptstadt pfeifende Studis vor Staatskanzlei, Wissenschaftsministerium und Landtag gegen das Studiengebühren-Urteil des Bundesverfassungsgerichts protestierten. Mag sein. Dennoch liegen in Niedersachsen wie in anderen CDU-geführten Ländern die Pläne für die Einführung von Studiengebühren in den Schubladen von Ministerien und Universitäten.
Natürlich betonte die wahlkämpfende schleswig-holsteinische Wissenschaftsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD) gestern tapfer, in ihrem Land werde es keine Studiengebühren geben. Natürlich schwenkten auch die Sozen an der Weser das Fähnlein für sozial schwache Studierende: „Schon heute ist der Anteil der Studienanfänger aus Arbeiterfamilien extrem niedrig“, sagte Bremens SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen. Teile der Wissenschafts-Welt sind hingegen sicher, Billig-Unis, die von Studis überrannt werden, dürften sich auf Dauer nicht halten.
„Äußerst zufrieden“ war dementsprechend Hamburgs Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos). Er will Studiengebühren schon zum Wintersemester 2006 einführen Spätestens 2007 sollen auch niedersächsische Studenten bis zu 500 Euro pro Semester zahlen. „Wir werden unsere Hochschulen nicht zwingen, Studienbeiträge zu erheben“, sagte Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU). Er wolle den Universitäten freistellen, „ob, in welcher Höhe und in welchen Bereichen“ sie Gebühren erheben wollen. Sie wollen. Viele Hochschulen des Landes haben bereits Gebühren angekündigt. Nur die Oldenburger Uni bleibt skeptisch: Ihr Senat hatte im vergangenen Jahr dagegen Jahr dagegen gestimmt. „Wir werden aber wohl nicht drumherum kommen“, sagte eine Uni-Sprecherin.
Zunächst will Stratmann mit anderen Bundesländern ein Modell zur Kreditfinanzierung für einkommenschwächere Studenten entwickeln. In Österreich hatte es nach der Einführung von Studiengebühren im ersten Jahr 15 Prozent weniger Immatrikulationen gegeben. „Es kommt aber auf die Zahl der Absolventen an“, sagte Stratmann. Da sich zuerst die studentischen Karteileichen abmeldeten, werde diese Zahl „konstant bleiben“. Künftig werde ein 10-Semester-Studium zudem absolute Regel sein, also seien „im ungünstigsten Fall 5.000 Euro zu tilgen“.
Niedersachsen rechnet mit rund 100 Millionen Euro pro Jahr. „Die Gebühren müssen voll den Hochschulen zufließen“,sagte gestern selbst der sonst so gierige Finanzminister Hartmut Möllring (CDU). Unklar ist aber, ob den Unis dafür nicht an anderer Stelle Mittel abgezwackt werden. Stratmann kündigte an, er wolle die Hochschul-Mittel des Jahres 2005, 50 Millionen Euro weniger als 2002, „bis 2011 garantieren“. Das sei aber nur ein Ziel. „Landtag und Kabinettskollegen müssen schon mitziehen.“ Kai Schöneberg