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Archiv-Artikel

„Panzerkreuzer“ räumt im Schiri-Skandal auf

Berlins Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge, bekannt für seine harte Hand, ermittelt im Fußballfall Hoyzer

Die Fußballwelt schaut auf diesen Mann. Der Generalstaatsanwalt am Berliner Landgericht, Hansjürgen Karge, hat die Ermittlungen im Fußballskandal zur Chefsache gemacht. Bereits am Freitag soll der Skandal-Schiri Hoyzer bei dem 63-jährigen Strafverfolger mit seinem Anwalt Thomas Hermes aus Holthoff-Pförtners Essener Kanzlei vorgesprochen haben.

Das Glück und Selbstvertrauen der Fußballnation liegt ab jetzt also in Karges Hand. Die ist hart, und nur so viel lässt sich mit Gewissheit über ihn sagen: Niemand in Berlin mag den Generalstaatsanwalt. „Panzerkreuzer“ Karge wird er genannt. Denn als solcher wollte der Jurist durch das Berliner Landgericht pflügen, das hatte er kurz nach seinem Amtsantritt im Februar 1995 erklärt.

Karges juristische Laufbahn begann in Hessen. 1971 wurde der Sozialdemokrat am Landgericht Darmstadt zum Staatsanwalt auf Lebenszeit ernannt. Ab 1976 arbeitete er zwei Jahre als Referent im hessischen Justizministerium. Anschließend, bis 1981, war Karge zum Generalbundesanwalt in Karlsruhe abgeordnet. Als er von 1990 an die Justizbehörde in Thüringen aufbaute und schließlich die Staatsanwaltschaft in Marburg leitete, proklamierte er „altpreußischen Gehorsam“. Seine Leute schimpfte er „verwöhnt“, „egoistisch“ und „jammernd“, natürlich auch uneffizient, zu soft. Karge hat Visionen, wie sie stramme Rechte gerne hören. „Wir werden mit allem feuern, was das Strafrecht hergibt“, bellte der Oberkommandierende der Strafverfolger. In Berlin-Moabit angekommen, sträubten sich den Berlinern ob solchen Säbelrasselns die Nackenhaare.

Freunde hat er sich im liberalen Hauptstadtmilieu nicht gemacht. Schon kurz nach Anlegen des Panzerkreuzers begann der Dauerstreit mit den eigenen Behörden. Seitdem haben alle Berliner Justizsenatoren, von Lore Marie Peschel-Gutzeit, die ihn selbst geholt hatte, bis hin zur amtierenden Karin Schubert (SPD) nach Mittel und Wegen gesucht, den „Querkopf“ (Karge über Karge) loszuwerden. Doch ohne Erfolg. Und dass, obwohl es an inhaltlicher Kritik an Karges Arbeit ebenfalls nicht mangelt.

1999, nach dem Sturm auf das israelische Generalkonsulat wurde der Vorwurf gegen ihn erhoben, er habe sich nicht genug dafür eingesetzt, dass die israelischen Sicherheitsbeamten vernommen werden. Bis heute ist nichts dergleichen geschehen. Auch im bedeutendsten Bankenskandal der Bundesrepublik, dem der Berliner Bankgesellschaft, agiert Karge befremdlich. An seiner vorgesetzten Justizsenatorin vorbei entzog er dem Oberstaatsanwalt Dorsch überraschend die Leitung der Ermittlungsgruppe. Einen von Senatorin Schubert eingefädelten Versuch ihn abzusägen, schlug Karge mit allen Mitteln, samt einer Bildkampagne, in der er als „Vollblutjurist“ gegen das Böse in der Politik kämpft, nieder. Der Streit, der natürlich juristisch ausgefochten wird, zieht sich bis heute hin. Andere hätten längst aufgegeben. ADRIENNE WOLTERSDORF