: Deutsche Indieboys
Konzertraum mit Stimmung wie beim Kinderprogramm: Am Wochenende eröffnete der Fritzclub im Postbahnhof
Die Zeiten, in denen Club-Eröffnungen uns an neue, verborgene Orte geführt haben, sind vorbei. Der Platz ist knapp geworden, die neuen Orte sind oft die alten, und so steht der Postbahnhof am Ostbahnhof auch direkt neben der Brachfläche, auf der früher einmal die „Maria am Ostbahnhof“ stand. Zudem ist der Postbahnhof ja auch kein Club, sondern eine „location“, ein Veranstaltungsort, ein Konzertraum.
Räumlich großzügig geht es draußen und drinnen zu, ein kleinerer Raum führt in eine größere Halle, recht funktional alles, aber auch ein wenig seelenlos. Viele Backsteine und neue Stahlträger, ein wenig erinnert das bauliche Ensemble an die zu Tode renovierte Kulturbrauerei und an das Backstein-Disney der Cinemaxx-Kinos in der Schönhauser Allee. Adam Green, The Killers, Stereo Total, Studio Braun, alle wird man hier in den nächsten Monaten sehen können, wird man aber nach den Konzerten auch bleiben können oder wollen? Andererseits hatte man sich ans ColumbiaFritz in Tempelhof nach einigen guten Konzerten ja auch gewöhnt, wenn man auch nie eine emotionale Bindung aufbauen konnte .
Zur Fritzparty hatten die Radiofritzen in vorauseilender Übererfüllung der Deutschquote schon mal nur deutschsprachige Bands eingeladen: Klee, Tele, Kettcar, Jensen und Kowalski. Eine nach der anderen spielte ihre Musik, sang dazu belanglose Texte: dass man tun soll, was das Herz sagt, oder ans Meer gehen oder den Weg gehen, ins Leben usw. Langeweile kam auf und Gedanken wie „Ich kann diese deutschen Indieboys einfach nicht mehr sehen“. Zwischen den Bands wurde von Fritzmoderatoren auf der Bühne zwischenmoderiert, das tat manchmal auch sehr weh und erinnerte an „Kinderquatsch mit Michael“ im Nachmittagsprogramm.
Ein sehr junges Publikum hatte sich eingefunden, schließlich ist Fritz ja ein Jugendsender und die Fritzpartys zogen schon immer die Jugendlichen der Stadt und aus dem Umland an. Für sie ist der Fritzclub ja auch gedacht, da darf man als gereifter Misanthrop nicht hadern, sondern muss weise und gelassen sagen: Lass doch der Jugend ihren Lauf!
Die Mediengruppe Telekommander konnte das musikalische und sprachliche Niveau dann zum Glück wieder etwas anheben, und das Publikum bewies Geschmack und feierte die Band. Einigermaßen beruhigt konnte man wieder hinaus in die verschneite Nacht ziehen.
CHRISTIANE RÖSINGER