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Archiv-Artikel

Der ARD-Großreformator

Freunde und Befehlsempfänger: ARD-Programmdirektor Struve zementiert seinen Einfluss aufs Erste Deutsche Fernsehen und lenkt im Streit mit dem ZDF um „Tagesthemen“-Termin ein

VON MAX HÄGLERUND STEFFEN GRIMBERG

Vor 14 Tagen hatte die taz bei den Dortmunder Mediengesprächen den WDR-Intendanten Fritz Pleitgen getroffen. Man sprach über den Zwist der größten ARD-Anstalt mit der nordrhein-westfälischen Landesregierung, deren Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) in trauter Gemeinschaft mit diversen seiner Unionskollegen den Schrittmacher in Sachen künftige Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gibt. Über Pleitgens Appell für mehr Wissenschaft in den Sendern der ARD. Und natürlich über die geplante Programmreform im ersten ARD-Programm. Da, gab sich Pleitgen wie immer souverän und unaufgeregt, müsse aber niemand die Pferde scheu machen. Vor einer fürs Frühjahr angesetzten Programmklausur der Programmgewaltigen mit den Intendanten werde es keine weitreichenden Entscheidungen geben.

Wenige Tage und eine hitzige Intendantenschalte weiter sah alles dann bekanntlich ganz anders aus: ARD-Programmdirektor Struve konnte seine Pläne, allen voran den früheren Sendetermin für die „Tagesthemen“, per Telefonkonferenz am 21. Januar durchsetzen. „Die ARD ist eben besser, als wir es selbst manchmal glauben“, machte denn auch der WDR-Chef gute Miene zum Überraschungs-Coup: „Diese Dynamik hat uns selbst sehr gefallen.“

Seit Montag saßen sich die ARD-IntendantInnen nun in München höchstselbst gegenüber und belobigten ihr Schalt-Ergebnis. ARD-Programmdirektor Struve: Vor allem beim „Erstes“-Sorgenkind, dem Freitag, „wird sich rasch etwas bewegen“, schon Anfang März soll das neue Abendprogramm laufen. Ein kleines Problem bleibt: das Zweite. Denn freitägliche „Tagesthemen“ um 22.15 Uhr würden parallel zum „heute-journal“ laufen, das zum Ende der Woche die entscheidende halbe Stunde später kommt. Von Kampfprogrammierung will natürlich niemand sprechen, deshalb trafen sich die ARD-Granden gestern nach Redaktionsschluss dieser Seite noch mit der verärgerten ZDF-Spitze. Der frühe Sendeplatz werde angestrebt, versuchte sich Struve vorab als Versöhner, „aber nicht im Zank“. Das ZDF sei schließlich „Freund, und nicht Befehlsempfänger“.

Egal wie der Zwist mit dem ZDF ausgeht: Der Gewinner der ARD-Reform ist eindeutig der Programmdirektor. Struve setzt seit Jahren auf mehr Zentralismus im eigentlich föderal konzipierten ARD-Ersten. Nach der ersten Baustelle, dem erfolgreich mit eher seicht-jugendlicher Unterhaltung („Verbotene Liebe“, „Marienhof“) weichgespülten Vorabendprogramm, ist jetzt die Hauptsendezeit an der Reihe. Von der „Degettoisierung“ ist ARD-intern die Rede, weil Struve gern neben dem Freitag auch andere Abendtermine mit der massenkompatiblen Ware aus der zentralen Filmeinkaufsholding der ARD bestücken möchte. Und die Macher der Polit-Magazine wie „Monitor“, „Kontraste“ oder „Panorama“ laufen Sturm gegen weitere Verkürzungen ihrer Sendezeit. „Die Magazine werden mehr Sendezeit haben als vor 15 Jahren“, so Struve gestern, und überhaupt habe er sich rein gar nichts vorzuwerfen: „Die Diskussionen werde ja nur geführt, weil es Traditionen gibt. Ich bin Traditionalist bis auf die Knochen.“

Auch das sich in der ARD wie in allen Programmen die Unterhaltung immer breiter mache (siehe Kasten), wollte Struve so nicht stehen lassen: Schließlich soll die Sendezeit der Samstags-„Sportschau“ halbiert werden. Und dann soll auch das Wissenschaftsangebot der ARD verdoppeln und „durch bessere Sendezeit auch für Jüngere verfügbar gemacht werden“. Spätestens hier hatte Struve dann auch Fritz Pleitgen wieder an seiner Seite. In gut zwei Wochen, am 18. Februar, wird weiter entschieden.