: Jobabbau wegen Geldnot: Bau
Trotz aller Rettungsversuche musste der drittgrößte Baukonzern, Walter Bau, gestern Insolvenz anmelden. Gewerkschafter fürchten um 20.000 Stellen in der Branche. Schuld sein soll der Chef
von SASCHA TEGTMEIER
Der wochenlange Überlebenskampf war vergebens – gestern musste Walter Bau Insolvenz anmelden. „Trotz großer Anstrengungen auf Unternehmens- und Finanziererseite“ sei es nicht gelungen, die Liquidität sicherzustellen, teilte der drittgrößte Baukonzern Deutschlands gestern mit.
Ein Teil der 27 Gläubiger soll die Bürgschaften von 1,5 Milliarden Euro verweigert haben – nachdem am Wochenende ein weiteres Finanzloch beim Bauriesen bekannt wurde. Nach Informationen des Handelsblatts ist zu der bereits erforderlichen Liquiditätsspritze von 150 Millionen Euro noch einmal die gleiche Summe hinzugekommen.
„Die notwendige vorbehaltlose Zustimmung sämtlicher Finanzierer konnte nicht erreicht werden“, formuliert das Unternehmen. Der Vorstand der Walter Bau AG sehe in dem Insolvenzantrag die „letzte Chance, wesentliche Teile des Konzerns und die dazugehörigen Arbeitsplätze zu erhalten“.
Gründer und Patriarch Ignaz Walter trat am Montag als Aufsichtsratschef zurück. „Zu spät“, meint nicht nur die Industriegewerkschaft BAU. Ihm wird vorgeworfen, sich zu sehr auf den deutschen Markt, der schon lange kriselt, konzentriert zu haben.
Die Pleite des Augsburger Unternehmens bedroht nach Angaben der IG BAU nun bis zu 20.000 Arbeitsplätze. Neben den 9.500 Beschäftigten des Konzerns seien auch „zahlreiche Zulieferer und Subunternehmer betroffen“, sagte IG-BAU-Geschäftsführer Matthias Hartwich. Laut Walter Bau sind die Tochterfirmen nicht betroffen. Manche von ihnen stehen aber wegen offener Rechnungen ebenfalls in Insolvenznähe.
Auch der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) rechnet mit der Faustformel, dass bei der Insolvenz eines großen Bauunternehmens noch einmal so viele Jobs in Gefahr sind. „Trotzdem sind die Arbeitsplätze noch nicht voll abgeschrieben“, sagte HDB-Sprecher Heiko Stiepelmann der taz. Der Ausgang des Insolvenzverfahrens sei noch offen.
Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sprach sich indes gegen staatliche Finanzhilfen – wie bei der Pleite des Konzerns Philipp Holzmann – zur Rettung von Walter Bau aus. „Es ist keine Frage der Politik, sondern es ist eine Frage des Marktes“, sagte er. Die Politik könne nur eine „Moderatorenrolle“ übernehmen.
Ein wichtiger Ansprechpartner dürfte dabei die niederländische Großbank ABN Amro sein. Sie soll den Ausschlag für die plötzliche Insolvenz gegeben haben, heißt es aus Finanzkreisen. Deren Forderungen sollen sehr weit gegangen sein. Selbst die Deutsche Bank stufte sie als schwer einhaltbar ein.
Profiteur der Pleite ist der österreichische Bauriese Strabag, der als Käufer von Walter Bau im Gespräch war. Nun wird die Übernahme um einiges billiger. Der Wert der Walter-Bau-Aktien fiel gestern um 70 Prozent.
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