Duisburg in der Stahlzange

Diese Woche hat Duisburg sein Einverständnis zum Bau des neuen Hochofens 8 gegeben. Trotz zahlreicher Fehler im Bauantrag konnte die Stadt zu ihrem größten Investor nicht Nein sagen

von ANNIKA JOERES

Duisburg hatte keine Wahl: Der Antrag von ThyssenKrupp für den Bau des Hochofens 8 war voller Fehler und Lücken. Trotzdem segnete der Rat mit Stimmen von SPD und CDU am Anfang der Woche die neue Fabrikanlage mit dem so genannten gemeindlichen Einverständnis ab. Jetzt prüft als letzte Instanz die Düsseldorfer Bezirksregierung den möglichen 200 Millionen-Bau in Hamborn. Dabei sind Ende vergangener Woche bei einem Erörterungstermin mit Thyssen Krupp (TKS) und der Bürgerinitiative gegen Umweltgifte (BI) Duisburg Nord viele Mängel aufgetaucht: TKS hatte den Lärm für ein Gutachten zu einer falschen Uhrzeit gemessen, die Versuchsanlage war 10-fach zu klein, Zahlen über Staubemissionen fehlten ganz.

Duisburgs Umweltdezernent Peter Greulich verteidigt das Abnicken des Baus. Zwar habe die BI ganz hervorragende Arbeit geleistet und zu Recht Mängel erkannt. „Ich sehe aber durchaus Anlass zu der Vermutung, dass wir im Duisburger Norden in ein paar Jahren bessere Luft haben.“ Er glaubt zwar nicht daran, dass die neuen Grenzwerte für Staubemissionen der EU im kommenden Jahr eingehalten werden könnten. „Wir werden aber knapper an die Obergrenze kommen“, sagt Greulich. Außerdem habe Duisburg natürlich ein Interesse daran, den Arbeitgeber Thyssen zu halten. In erster Linie, fügt er schnell hinzu, schütze man aber die Bürger. „Ob Thyssen tatsächlich mit falschen Zahlen hantiert hat – das kann ich als Politiker beim besten Willen nicht beurteilen.“

Genau wegen dieser Ahnungslosigkeit hätte der Beschluss verschoben werden müssen, sagt die Bürgerinitiative. „Bei König Thyssen drückt die Stadt ein Auge zu“, sagt Michael Lefknecht, Arzt für Umweltmedizin von der BI. Er glaubt, dass Thyssen auch auf die Bezirksregierung Einfluss nehmen wird. „Das entscheidet sich politisch, nicht fachlich“, so Lefknecht. Sowohl bei Thyssen als auch in der Bezirksregierung seien viele SPD-Mitglieder, die sich gegenseitig die Steigbügel hielten.

Hans-Peter Schröder von der Bezirksregierung Düsseldorf sagt, seine Behörde richte sich nur nach objektiven Gutachten. Die Arbeit der Bürgerinitiative sei aber hervorragend gewesen, alle 60 Anträge würden bearbeitet. Wie lange die Genehmigung brauche, sei unsicher, und natürlich auch, sagt Schröder, ob sie überhaupt erteilt oder ein neuer Erörterungstermin angesetzt werde. Ob Thyssen Einfluss nimmt, könne er aus Düsseldorf „beim besten Willen nicht beurteilen“.

„Thyssen Krupp bestimmt über Duisburg“, sagt hingegen der grüne Leiter des Umweltausschusses, Gerhard Schwemm. Der Erörterungstermin habe zwar eine Menge Fragen aufgeworfen, zum Beispiel seien die Zahlen zu den Staubemissionen unvollständig gewesen. Aber mit CDU und SPD seien keine Kompromisse möglich gewesen. „Die machen lieber Abstriche beim Umweltschutz als bei Thyssen Krupp.“ Aber ob Thyssen wirklich gelogen habe – das könne er als Politiker „beim besten Willen nicht beurteilen“, sagt auch der Grüne Schwemm.

Thyssen Krupp ist genervt über den ungewohnten Ärger, den ihnen die Duisburger BürgerInnen bereiten. „Die werfen uns immer irgendwas vor“, sagt Sprecher Dietmar Stamm. SPD und CDU seien ja wie immer einig mit seinem Konzern gewesen, da gebe es keine Probleme. Alles andere seien Nebenkriegsschauplätze, Thyssen habe ja schon zugesagt, eine neue Entstaubungsanlage für den Hochofen 9 zu bauen. „Wir nehmen keinen Einfluss, die Politik ist unabhängig“, sagt er wütend.