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Archiv-Artikel

Kleingartenpacht statt Kanzlerkohle

Haushaltslöcher stopfen? Bausenator Jens Eckhoff (CDU) zeigt, wie’s geht: Er will Bremens Kleingärtner in die Pflicht nehmen – und die Pachtgebühren kurzerhand um 122 Prozent erhöhen. „Völlig überzogen“, kritisiert der Koalitionspartner SPD

Bremen taz ■ Das Schreiben von Bausenator Jens Eckhoff (CDU) an den Bremer Landesverband der Gartenfreunde hatte ganz harmlos begonnen: „…haben wir übereinstimmend festgestellt, dass die Bremer Kleingartenanlagen ein wichtiger Bestandteil im Bremer Grünsystem sind.“ Dann aber schrieb Eckhoff Klartext: „Vor dem Hintergrund der Entwicklung der Haushaltsdaten“ sei eine Angleichung der Pachtpreise an das Niveau anderer Städte „unumgänglich“.

Es folgt: der Vorschlag, die Pacht für Bremer Kleingärten von derzeit 18 Cent pro Quadratmeter im Jahr auf nunmehr 40 Cent mehr als zu verdoppeln. Und der fromme Wunsch, diese Problematik „im größtmöglichen Konsens“ mit den KleingärtnerInnen zu lösen.

Es wird wohl ein Wunsch bleiben. Schon formiert sich der Widerstand unter Bremens 19.000 Parzellieros. Keinesfalls wolle man für die Haushaltsschieflage Bremens geradestehen. „Kleingärtner sind keine Großverdiener – das sind eher Leute, die sowieso schon wenig haben“, sagt Hans-Ulrich Helms, Vorsitzender des Landesverbandes der Gartenfreunde.

Leute wie Monika Fischer zum Beispiel. Seit zehn Jahren kennt die 67-Jährige an jedem Wochenende nichts außer ihrer Parzelle in Bremen-Woltmershausen. 560 Quadratmeter Erholung findet sie dort – einen Teich, ihre Blumen, das Biotop. Für die Pacht zahlt sie aktuell knapp 140 Euro, dazu kommt noch der Vereinsbeitrag von rund 80 Euro. Wenn die Vorschläge von Eckhoff Realität würden, sagt die Rentnerin, dann wäre es zumindest für sie vorbei mit der Kleingärtnerei: „Irgendwann wird mir das einfach zuviel.“

Eckhoff begründet seinen Vorschlag vor allem mit den Kosten für die Unterhaltung des so genannten Rahmengrüns, jener Grünanlagen also, die an die Kleingärten angrenzen und von Stadtgrün gepflegt werden. „Bisher reicht das Geld dafür hinten und vorne nicht“, sagt Eckhoffs Sprecher Holger Bruns. Durch die Erhöhung der Pachtpreise erhoffe man sich Mehreinnahmen von rund 800.000 Euro im Jahr. Geld, das ausschließlich für die Erhaltung der Grünflächen genutzt werden solle – und nicht der allgemeinen Sanierung des Haushalts diene, wie man im Bau- und Umweltressort beteuert.

Unterstützung erhalten die Kleingärtner nun immerhin von der SPD. „Herr Eckhoff hat offenbar jeden Maßstab verloren“, urteilte gestern Joachim Schuster, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion. „Die Kleingärtner leisten einen wesentlichen Beitrag zur Pflege großer Grünflächen“ – und das seien Aufgaben, die sonst zu hohen Kosten von der Stadt übernommen werden müssten. Die Erhöhung von 18 auf 40 Cent sei „völlig überzogen“. Einer moderaten Anpassung an die Preise in anderen Großstädten – in Hamburg, Düsseldorf oder Frankfurt sind dies etwa 24 bis 25 Cent pro Quadratmeter – würde sich die SPD jedoch nicht verschließen.

Gestern war Hans-Ulrich Helms zum Pacht-Gespräch bei Senator Eckhoff einbestellt, Ergebnis: „Man ist am Anfang der Diskussion, nicht am Ende“, so Eckhoff-Sprecher Bruns. Soll heißen: Noch ist Spielraum drin, die Erhöhung auf 40 Cent keinesfalls beschlossene Sache.

Spätestens bis zum 2. April aber sollte Klarheit herrschen in der Pachtfrage. Dann nämlich will Jens Eckhoff die Kleingärtner höchstpersönlich besuchen – und bei der Delegiertenversammlung des Bremer Landesverbandes Stellung beziehen. Manche Delegierte kündigen schon jetzt an: „Er wird sich warm anziehen müssen.“

Florian Neuhann