: Schwarzer Peter um Studiengebühren
Ohne Darlehenssystem darf das Bezahlstudium nicht kommen, warnt Universitätspräsident Jürgen Lüthje im taz-Interview. Hamburgs CDU-Senat drückt sich vor der Verantwortung, indem er zu wenig Rahmenbedingungen für die neue Maut vorgibt
Interview: Eva Weikert
taz: Hamburg hat das Recht erklagt, Studiengebühren erheben zu dürfen. Wen bittet die Uni wann wie teuer zur Kasse?
Jürgen Lüthje: Das kann ich heute nicht beantworten. Zunächst ist die Politik am Zuge. Sie muss die rechtlichen Rahmenbedingungen definieren und klar entscheiden, ob sie Gebühren zu einem zentralen Instrument der Hochschulfinanzierung machen will oder nicht. Bei der Ausgestaltung können dann die Hochschulen ihre Ideen einbringen.
Wissenschaftssenator Jörg Dräger überlässt den Hochschulen die Entscheidung, Gebühren überhaupt zu erheben und gibt für die Abgabe nur eine Obergrenze vor. Freuen Sie sich über diese Freiheiten?
Nein, das halte ich nicht für gut. Diese Entscheidungen muss die Politik treffen. Sie kann den schwarzen Peter nicht den Hochschulen zuschieben.
Dräger hat ein Kreditsystem versprochen. Geldgeber aber hat er nicht. Enttäuscht Sie das?
Ich habe nicht erwartet, dass mit der Gerichtsentscheidung ein solches System auf dem Tisch liegt. Aber mit dem Urteil des Verfassungsgerichts ist die Politik in die Verantwortung genommen, ein neues System der Studienfinanzierung zu schaffen. Ohne das wäre es nicht richtig, Gebühren zu erheben. Ich persönlich glaube, dass ein Darlehenssystem nicht ausreicht. Vielmehr brauchen wir eine Kombination aus Stipendien, Darlehen und Bildungssparen. Wobei die Tilgung des Darlehens und das Bildungssparen in Höhe des Mindessteuersatzes öffentlich gefördert werden müssen.
Der Senator regt Darlehen direkt über die Hochschulen an. Die Lehrstätten könnten die Gebühren beispielsweise stunden.
Das ist völlig unrealistisch. Für große staatliche Hochschulen ist es unmöglich, die erforderlichen Ausfallgarantien gegenüber den Banken zu geben. Wenn alle Studierenden Anspruch auf ein Darlehen haben sollen, ist eine Rückabsicherung durch den Staat oder eine öffentliche Bank nötig. Diese Rahmenbedingung zu schaffen, ist die Verantwortung der Politik.
Was bekommen die Studierenden für ihr Geld?
Das hängt von der Höhe der festgesetzten Studiengebühren ab. Wenn etwa die vielfach diskutierten 500 Euro als Eigenbeitrag erhoben würden, könnte die Uni Einnahmen in Höhe von 20 bis 30 Millionen Euro zusätzlich erzielen. Damit ließe sich eine Verbesserung der Studienbedingungen um mehr als 20 Prozent erreichen. Konkret überlegen wir, vor allem Tutorien für alle Studienphasen zu schaffen. Das würde zugleich sicherstellen, dass ein Teil der Einnahmen wieder in die Hände der Studierenden selbst zurückfließt. Ein zweiter wichtiger Punkt wäre eine deutliche Verbesserung der Bibliothekssituation im Hinblick auf Ausstattung und Öffnungszeiten. Ein dritter Schwerpunkt müsste die Verbesserung der Ausstattung mit Computern und Laborgeräten sein, soweit diese für Studium und Lehre benötigt werden. Für sinnvoll halten wir auch zusätzliches Lehrpersonal, vor allem in Fachrichtungen mit großen Studierendenzahlen.
Wie schnell erwarten Sie sichtbare Effekte?
Sofort. Die Effekte würden unmittelbar in dem Semester nach Erhebung der Studiengebühren auftreten.
Sie versprechen den Studierenden Mitbestimmung über die Einnahmen.
Ich möchte dem AStA und den Studierendenvertretungen in den Fakultäten anbieten, dass wir die Ausgestaltung der Gebühren durch eine Vereinbarung regeln. Diese würde den Studierenden ermöglichen, über die Verwendung der Gelder maßgeblich mitzuentscheiden. Sinnvoll wäre es, in eine solche Vereinbarung eine Klausel aufzunehmen, dass in dem Moment, in dem der Staat seine Zuwendungen kürzt, die Vereinbarung außer Kraft tritt.
Erhoffen Sie dadurch mehr Akzeptanz für die Abgabe?
Einerseits mehr Akzeptanz. Durch diese Vereinbarung will ich Vertrauen und Transparenz sicherstellen. Aber ich glaube auch, dass die Studierenden die besten Experten ihrer Studienbedingungen sind und deswegen am besten wissen, wie diese verbessert werden können.