: Exzellenz statt Grundschule
HOCHSCHULPOLITIK An der Uni Oldenburg ist die Grundschulpädagogik in Gefahr. Dem Dekan wird vorgeworfen, die Streichungen wegen einer Wahl verschwiegen zu haben
Astrid Kaiser
VON HELGE SCHWIERTZ
„Wahrheit ist, was uns verbindet“, steht am großen Hörsaal der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Die MitarbeiterInnen und Studierenden am Institut für Pädagogik fühlen sich eher ausgeschlossen: Sie wurden lange im Unklaren gelassen, dass das Ende der Grundschullehrerausbildung in Oldenburg bevorstehen könnte. „Dekanat und Präsidium haben gemeinsam beschlossen, für bestimmte Schwerpunkte die Grundschulpädagogik zu opfern“, sagte Institutsdirektorin Astrid Kaiser der taz.
Die Uni-Leitung und das Dekanat der Fakultät für Bildungs- und Sozialwissenschaft hatten vor Wochen einen Strukturplan entworfen, der das Institut für Pädagogik neu ausrichtet. Die Professur für Elementar- und Grundschulpädagogik soll gestrichen, der gesamte Fachbereich Interdisziplinäre Sachbildung geschlossen werden. Dies geht aus einem Protokoll hervor, das der taz vorliegt. Ohne die Professur könnten keine Grundschullehrer mehr ausgebildet werden, sagt Kaiser. Der Fachbereich Sachbildung sei außerdem in Niedersachsen einmalig, da die angehenden LehrerInnen sich nicht spezialisieren müssten, sondern in allen naturwissenschaftlichen Fächern ausgebildet werden. „Wir bilden die aus, die dem Lehrermangel Abhilfe schaffen“, sagt Kaiser. Jetzt werde genau dort gestrichen.
Einen genauen Plan gebe es noch nicht, sagt hingegen Uni-Pressesprecher Gerhard Harms. „Es sind noch keine letzten Entscheidungen gefallen“.
Bereits am 24. April hatte sich das Präsidium der Uni Oldenburg mit dem Dekan der Fakultät für Bildungs- und Sozialwissenschaft, Bernhard Kittel, getroffen, um über die anstehenden Umstrukturierungen zu sprechen. Fünf Tage später wurde Dekan Kittel durch den Fakultätsrat wiedergewählt. Das Protokoll mit den Streichungen sei zu dem Zeitpunkt allerdings nicht publik gewesen, sagt Kaiser: „Ich habe das als Institutsdirektorin erst am 12. Mai mitbekommen.“ Die Wahl des Sozialwissenschaftlers Kittel hätte mit diesen Informationen auch anders verlaufen können: „Es war gar nicht so sicher, ob er noch einmal als Dekan gewählt wird“, sagt Kaiser.
Dekan Kittel wollte sich am Dienstag nicht dazu äußern. In einem der taz vorliegendem Schreiben an die MitarbeiterInnen des Instituts für Pädagogik nimmt er jedoch Stellung: Da die „‚Preise‘ am Transfermarkt der Professoren in den letzten Jahren drastisch angestiegen“ seien, müssten die vorhandenen Mittel konzentriert werden. Wenn jede Professur „durchgeboxt“ werde, könne nicht das richtige Personal angeworben werden, um „in der Konkurrenz um Drittmittel und Publikationen zu bestehen“. Deshalb plädiert Kittel dafür, mit weniger Professoren „den Weg der Qualität zu gehen“.
Die Uni würde dadurch auf einen starken Bereich verzichten, sagt Stefanie Vartmann, von der Fachschaft Lehramt, „nur um sich an anderer Stelle Koryphäen einzukaufen“. Die SPD im Niedersächsischen Landtag beschäftigt dies ebenfalls. Sie hat eine Anfrage gestellt, die voraussichtlich in der Sitzung am 18. Juni beantwortet werden wird.