: Gedenken an Auschwitz wird eingespart
Das Land spart an Jugendfahrten zu NS-Gedenkstätten: Der Oberhausener Jugendclub Courage fürchtet, Fahrten nach Auschwitz absagen zu müssen. Briefe an Ministerpräsidenten und Fraktionen bleiben unbeantwortet
RUHR taz ■ Geschichte hat in Nordrhein-Westfalen keinen Platz. Der Jugendclub Courage aus Oberhausen und Mülheim kämpft für seine Gedenkstättenfahrten nach Auschwitz, schrieb in der vergangenen Woche Briefe an Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) und die Fraktionsvorsitzenden aller Parteien. Bisher gibt es keine Antwort aus Düsseldorf.
Für diesen September hatte Courage eine Fahrt nach Auschwitz geplant. Ein entsprechender Förderantrag an das Landesjugendamt NRW wurde abgelehnt, weil für das Jahr 2005 die gesamte Position „Fahrten zu Gedenkstätten von Verbrechen des Nationalsozialismus“ ersatzlos gestrichen wurde.
„Diese Streichung ist skandalös“, sagt Stephanie Mantaj vom Vorstand des Clubs. Ausgerechnet zum 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers würden die Jugendlichen allein gelassen. „Politiker und Politikerinnen mahnen in diesen Tagen, dass die menschenverachtenden Verbrechen der Nazizeit nicht in Vergessenheit geraten dürfen.“ Dem könnten sie nur zustimmen, sagt Mantaj. Die Fahrten nach Auschwitz sollten Jugendlichen Gelegenheit geben, sich an einem authentischen Ort gemeinsam mit anderen Jugendlichen mit den Verbrechen der Nationalsozialisten zu beschäftigen. „Ich bin überzeugt, dass diese Jugendlichen den menschenverachtenden Propagandisten der Naziszene nicht mehr folgen werden“, sagt Mantaj.
Die Landesregierung fuhr mit ihrem Rotstrich schon Ende 2003 über die Erinnerungsfahrten. Im Haushaltsansatz waren noch 333.000 Euro dafür vorgesehen, auch im ursprünglichen Doppelhaushalt 2004/2005 standen noch 500.000 Euro. Gegen eine Stimme der FDP wurde der Posten auf Null gesetzt – ohne Einspruch durchlief er die Landtagsberatungen im Januar vergangenen Jahres. Bis dahin erhielten die Organisatoren wie Jugendvereine und Begegnungsstätten für Reisen zu den Vernichtungslagern Auschwitz oder Buchenwald bis zu 20 Euro Tagesgeld und bis zu 60 Prozent der Fahrkosten.
Nach zahlreichen Protesten der OrganisatorInnen und harscher Kritik der Opposition kündigte die rot-grüne Landesregierung an, ihre Streichungen zumindest teilweise wieder zurückzunehmen. Mittel aus anderen Töpfen sollten die Kürzung wieder auffangen, hieß es aus dem NRW-Jugendministerium. Die Fahrten für die Oberhausener und Mülheimer Jugendlichen wurden indes nicht aufgefangen. ANNIKA JOERES