: Bolzen mit dem Geheimdienst
In der neuen Berliner Zentrale des Bundesnachrichtendienstes soll alles schöner werden als in Pullach. Sogar einen Fußballplatz bekommen die Agenten
BERLIN taz ■ Die Anlage soll „offen“ werden, Straßenzüge „beleben“ und dem „Feeling einer Hauptstadt“ entsprechen: Man könnte meinen, da schwärme ein Investor von einem neuen Berliner Vergnügungsviertel. Irrtum. Die Schwärmereien stammen von Spitzengeheimdienstlern und Regierungsvertretern – und gelten dem geplanten Neubau des Bundesnachrichtendienstes in Berlin-Mitte.
Glaubt man den Auftraggebern, dann wird der geplante Komplex nicht nur das Gesicht des bisher im bayerischen Pullach beheimateten Auslandsnachrichtendienstes auffrischen. Dank des „funktionalen“ Neubaus für rund 4.000 Nachrichtendienstler werde der BND endlich eine „außen- und sicherheitspolitische Community“ in Berlin verwirklichen, prophezeite der Geheimdienstkoordinator der Regierung, Ernst Uhrlau, gestern. Große Versprechungen machte auch BND-Chef August Hanning: Der Umzug werde einen „viel intensiveren Dialog mit den Abnehmern“ der Informationen ermöglichen. Gerade nach den Anschlägen vom 11. September könne man den Wert dieser Modernisierung gar nicht überschätzen.
Kein Wunder, dass die Auftraggeber angesichts solcher Dimensionen nur ungern über die realen Kosten redeten. Die Zentrale auf dem Gelände des einstigen „Stadions der Weltjugend“ ist mit 100.000 Quadratmetern immerhin das größte staatliche Einzelbauprojekt seit dem Krieg. Der BND beziffert die Kosten mit 720 Millionen Euro. Presseberichten zufolge kalkulierte der Bundesrechnungshof indes allein die Baukosten auf 800 bis 880 Millionen Euro – Technik und Umzug exklusive. Insgesamt könnte sich die Rechnung auf knapp 1,5 Milliarden Euro belaufen.
Eine Gegenrechnung blieben die Verantwortlichen bei der Vorstellung ihres Projekts schuldig. Es sei es ihm „völlig unmöglich, die vermeintlichen Zahlen zu kommentieren“, entschuldigte Uhrlau. Denn das Rechnungshofpapier gelte als „eingestufter Bericht“. Wie praktisch. Allerdings bestreiten die Planer nicht: Ihre Kalkulation enthält weder Kosten für den Umzug noch für die Computerausstattung.
Dafür soll aber auch der Steuerzahler seine Freude an dem Neubau haben. Dem Wunsch des BND nach einem offeneren Image entsprechend, ist statt einer undurchsichtigen Mauer nur ein Ring aus Metallpfosten um das Areal geplant. Und nicht nur das. Groß und Klein dürfen sich sogar spielerisch ihrem Geheimdienst nähern: Denn hinter dem Neubau sollen, unmittelbar auf dem BND-Gelände, ein Spiel- und ein Bolzplatz für jedermann entstehen. Auf das erste Match gegen die Schlapphüte müssen die Berliner allerdings noch ein Weilchen warten – die Eröffnung des Prestigebaus ist erst für den 4. August 2011 geplant. ASTRID GEISLER