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Archiv-Artikel

berliner szenen Legt Neneh Cherry auf?

DJ mit Kofferboy

Freitagnacht. Neneh Cherry soll heute hier auflegen, und ab 12 wird es voller an der Oberbaumbrücke. Taxen fahren vor, Grüppchen stehen an der Straße, vor der Kordel bildet sich eine Schlange. Wir gehen gleich in den unteren Clubraum, oben auf dem Mainfloor legt später DJ Thomilla auf, aber wir wollen ja zu Neneh. Eigentlich wäre es ganz stimmungsvoll hier – die großen langgezogenen Fenster, der Blick vom Watergate übers Wasser –, wenn nicht das aufdringlich beleuchtete Universal-Logo die schöne Aussicht stören würde. In den Clubsesseln loungen modern gekleidete junge Leute.

An der Bar treffen wir zwei Jungs, beide in der Musikbranche tätig. „Schade, dass Neneh Cherry nicht singt!“ – „Spinnst du, die will halt ein bisschen Geld verdienen und denkt ‚dann leg ich halt mal in Berlin auf‘. Die hat einen Boy dabei, der ihr den Koffer trägt, wenn die eines Tages wieder auftreten würde, dann in der Columbiahalle oder so, doch nicht hier!“ – „Ich hätte sie trotzdem gerne singen hören.“ – „Die interessiert doch nicht!“ – „Und was macht ihr dann hier?“ – „Gästeliste.“

„Nur Sekretärinnen überall“, sagt der andere und verdreht die Augen. Irgendwie ernüchtert durch dieses Gespräch verlassen wir die beiden Medienschaffenden und gehen noch mal raus, nach nebenan.

Im San Remo wird auch aufgelegt, die DJ-Frau steht an der Bar, die Plattenspieler sind in einer Vertiefung des Plastiktresens untergebracht. Trio, Joy Divison, Adriano Celentano. Aber wir müssen ja wieder rüber, nicht dass wir Neneh verpassen.

Da ist es jetzt so richtig unangenehm voll geworden. Alles steht so dicht gedrängt, man kriegt die Hände nicht aus den Taschen. Ob Neneh noch kommt? CHRISTIANE RÖSINGER