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600.000 neue Dienstleister

Mehr Jobs, höhere Löhne, sinkende Preise: Laut einer EU-Studie hat die heftig umstrittene Dienstleistungsrichtlinie ausschließlich positive Auswirkungen

BRÜSSEL taz ■ Durch die umstrittene europäische Dienstleistungsrichtlinie könnten in der Europäischen Union bis zu 600.000 neue Jobs geschaffen werden. Das geht aus einer Studie des dänischen Wirtschaftsforschungsinstituts „Copenhagen Economics“ hervor. Sie wurde im Auftrag der Europäischen Kommission erstellt und gestern im Internet veröffentlicht.

Die Wirtschaftswissenschaftler haben im vergangenen Jahr die bestehenden Hürden im Dienstleistungssektor analysiert. Dann haben sie simuliert, welche wirtschaftliche Effekte sich ergeben, wenn diese abgebaut werden. Die Untersuchung umfasst rund 275.000 Firmen in allen EU-Mitgliedstaaten aus fast allen von der Richtlinie betroffenen Servicebereichen.

Die Dienstleistungen machen knapp 70 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung aus. „Das Potenzial wird aber von vielen Barrieren behindert“, heißt es in der Studie. Besonders groß sind die Beschränkungen für europäische Firmen in Deutschland, Spanien und Italien. Will sich ein Dienstleister zum Beispiel in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen, ist er oft „restriktiven, unangemessenen oder sogar diskriminierenden“ Genehmigungsprozeduren unterworfen, schreiben die Experten. Das behindere den Wettbewerb und verursache Kosten.

Die geplante Richtlinie würde diese Beschränkungen um gut die Hälfte senken, meinen die Dänen. Und das hätte auch günstigere Preise für die Endverbraucher zur Folge. Denn die Unternehmen müssten weniger Geld etwa für die Verwaltung ausgeben. So hätte eine Firma in Zukunft eine einzige Anlaufstelle für alle Genehmigungen – egal, ob diese den Vertrieb von Leistungen im eigenen Land oder in einem der 24 anderen Mitgliedstaaten betreffen. Mit der Richtlinie würde das umstrittene Herkunftsprinzip gelten: Ist eine Dienstleistung im eigenen Land genehmigt, kann sie der Anbieter zu gleichen Bedingungen überall in der EU verkaufen. Außerdem würde der Wettbewerb zwischen den Anbietern steigen, was die Preise drücken sollte. Der Konsum, so die Studie, würde damit um 0,6 Prozent oder 37 Billionen Euro zulegen – in Deutschland sogar um 0,8 Prozent.

Zugleich sagen die Wissenschaftler größere Produktivität und Einnahmen im Dienstleistungssektor voraus. Sie rechnen mit 33 Billionen mehr Geld in den Kassen der Anbieter. Das müsse auch zu neuen Jobs führen. Die errechneten 600.000 Arbeitsplätze würden nicht nur in den Billiglohnländern entstehen, sondern auch in den Ländern, die bisher an zu hohen Barrieren im Dienstleistungssektor festhalten – also auch in Deutschland. Und statt des vielfach befürchteten Lohndumpings geht „Copenhagen Economics“ von einer Steigerung der Löhne um 0,4 Prozent aus.

RUTH REICHSTEIN