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Archiv-Artikel

Wenn Armee und Wirtschaft zu Abend essen

Dieses Jahr wenden sich die Proteste nicht nur gegen die Münchner Sicherheitskonferenz, sondern gegen ein Treffen von Banken und Industrie und gegen die Verwicklung von „wirtschaftlicher Hegemonie“ und Militärinteressen

MÜNCHEN taz ■ Kofi Annan kommt, Schröder, Köhler und US-Senatorin Hillary Clinton auch. Rumsfeld wohl nicht – trotz inzwischen ungefährdeter Reisemöglichkeiten (siehe oben), er schickt seinen Stellvertreter. Für Claus Schreer, Sprecher des „Bündnis München gegen den Krieg“, macht das keinen Unterschied: „Egal ob Wolfowicz oder Rumsfeld selbst – es sind alles dieselben Kriegsfalken, die gehören alle angeklagt.“

An diesem Freitag startet die „Münchner Sicherheitskonferenz“ (SiKo), und auch heute wird das Spiel mit den großen Namen gespielt. Neben der Politikprominenz trumpft Veranstalter Horst Teltschik dieses Jahr mit besonderen Playern auf, dem Bundesverband der Deutschen Industrie und dem Bundesverband deutscher Banken.

Waren in den vergangenen Jahren die Wirtschaftsinteressen im Zusammenhang mit den Sicherheitsdiskussionen nur auf der Gästeliste erkennbar (Boeing, Coca-Cola, Diehl), so treffen sich die Unternehmen dieses Jahr in eigener Runde. „Mehr Sicherheit durch Investitionen“ heißt die eintägige „Finanzierungskonferenz Nordafrika Mittelost“, bei der auch Bundespräsident Horst Köhler und Teltschik sprechen. Man diskutiert über „spezifische Sicherheitsrisiken“ die Handel und Investitionen in dieser Region gefährdeten. Entsprechend kooperiere man auch mit der Sicherheitskonferenz, die ihren Schwerpunkt auf die „Beziehung von wirtschaftlicher Entwicklung und Sicherheit“ legt und einen Tag nach der Finanzierungskonferenz beginnt – gemeinsames Abendprogramm eingeschlossen.

Für die Friedensaktivisten ist das nur ein weiterer Grund, an diesem Wochenende auf die Straße zu gehen. „Die Verknüpfung zwischen wirtschaftlicher Hegemonie und Militärinteressen stehen im Vordergrund“, erklärt Hagen Pfaff, Sprecher von Attac München. Mit den Protesten wolle man „alle Zusammenhänge gründlich hinterfragen“. Denn „nicht nur die Amerikaner“ seien die Bösen, „die Deutschen und die EU haben dieselben Interessen“. Die Kritik an der Wehrindustrie wollen die etwa 60 Gruppierungen des „Bündnis München gegen den Krieg“ aber nicht nur auf der Straße artikulieren. Sie halten zeitgleich zur Sicherheitskonferenz eine Friedenskonferenz ab. Dort diskutieren etwa die „Internationale Ärztevereinigung zur Verhinderung des Atomkrieges“ und die Petra-Kelly-Stiftung über Instrumente ziviler Krisenintervention oder das „Feindbild: Islamismus“.

MAX HÄGLER