: Sozialticket light
STRAßENBAHN Rot-Grün führt zum kommenden Jahr ein „Sozialticket“ nur für Bremen ein. Es kostet fast 30 Euro – und wird von der CDU und Linkspartei als „unsozial“ abgelehnt
von Jan Zier
In Bremen wird zum 1. Januar 2010 ein „Sozialticket“ eingeführt. Darauf hat sich der Senat gestern verständigt und damit nach langen Diskussionen noch ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag erfüllt. Das Sozialticket kostet monatlich 29,25 Euro für Erwachsene und 24,50 Euro für Jugendliche. Der Hartz-IV-Regelsatz sieht nur die Hälfte dessen vor – für die gesamte „Mobilität“. Für ein reguläres Monatsticket der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) muss einen Erwachsener rund 45 Euro ausgeben. Die rot-grüne Landesregierung rechnet mit Mehrkosten von 1,7 Millionen Euro im Jahr.
Anspruchsberechtigt sind etwa 85.000 Arbeitslosen- und SozialhilfeempfängerInnen sowie AsylbewerberInnen – falls sie in Bremen wohnen. Das Ticket gilt nur innerhalb der Stadtgrenzen Bremens und nur auf den Linien der BSAG. Es ist zunächst auf zwei Jahre befristet. Erst 2011 wird entschieden, ob der Modellversuch fortgeführt werde. Der Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen ist ebenso außen vor wie die Stadt Bremerhaven. Ein vergleichbares Angebot für die Bahn hatte der Bundestag Ende 2008 abgelehnt.
Das Sozialticket ist für Arme in Bremen deutlich teurer als etwa in Dortmund, wo es nur 15 Euro kostet. „Wir hätten uns einen noch niedrigeren Sozialticket-Preis gewünscht“, sagt gestern auch der sozialpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Horst Frehe. Allerdings musste die Stadt Dortmund allein im vergangenen Jahr 4,9 Millionen Euro zuschießen, so dass dort schon jetzt über die Abschaffung nach Ende des zweijährigen Modellversuchs diskutiert wird. Ähnliche Kosten liefen 2008 in Berlin auf, was den Landesrechnungshof zu einer Rüge veranlasste. „Ein Sozialticket, das nach kurzer Zeit nicht mehr finanzierbar ist, nützt niemandem“, sagt Frehe – der im Übrigen auf Studien verweist, wonach 40 Prozent der Betroffenen derzeit die reguläre Monatskarte nutzen.
Die CDU lehnt das Modell „als völlig unausgegoren und unsozial“ ab. Ähnliches ist aus der Partei Die Linken zu hören. „Was als soziale Wohltat gedacht ist, schafft in Wahrheit nur Ungerechtigkeiten“, sagte CDU-Sozialpolitiker Michael Bartels. So sei es nicht nachvollziehbar, weshalb Alleinerziehende benachteiligt würden. Abgesehen davon könne sich Bremen derartige Projekte nicht leisten, so Bartels.
Ebenfalls beschlossen hat der Senat gestern einen neuen Vertrag mit der BSAG. Er prognostiziert, dass die Fahrgastzahlen bis 2020 um zehn Millionen auf dann 110 Millionen erhöht werden. Außerdem sollen die Unternehmensverluste bis 2020 von 54,7 Millionen Euro im Jahr auf 40,2 Millionen Euro gesenkt werden. Um das Geld einzusparen, setzt die BSAG unter anderem auf weitere Rationalisierungen und einen neuen, im Unterhalt günstigeren Fuhrpark. Die 2.000 Beschäftigten genießen eine Beschäftigungsgarantie bis 2020.
In dem Kontrakt enthalten sind auch die Verlängerungen der Straßenbahnlinie eins nach Mahndorf und Huchting sowie der Linie acht bis in die Gemeinden Stuhr und Weyhe. Die Linien kosten zusammen 166,6 Millionen Euro. Insgesamt sind für den Ausbau von vier Tramlinien 220 Millionen Euro eingeplant.