: Rüstungsproduzent als Uni-Ehrenbürger
MILITÄRSATELLITEN Bremer Uni berät heute über hohe Auszeichnung für Besitzerehepaar des Satellitenbauers und Uni-Forschungspartners OHB Technology. Dabei verbieten die Beschlüsse der Hochschule Rüstungsforschung
Die Ehrenbürgerschaft ist – ähnlich wie der Titel des Ehrendoktors – eine gängige Form der Würdigung der Förderer von Hochschulen.
■ Der Titel des Ehrendoktors werde in erster Linie für die besondere Unterstützung der Forschung oder Leistungen im wissenschaftlichen Bereich verliehen, erklärt Eberhard Scholz, Sprecher der Uni Bremen. Die Ehrenbürgerschaft hingegen sei eine „besondere Form der Ehrung“ für Förderer, die sich „unabhängig von ihrer wissenschaftlichen Qualität um die Universität verdient gemacht haben“, so Scholz.
■ Die Uni Bremen hat die Ehrenbürgerschaft bislang an sieben Förderer verliehen. Darunter der Philosoph Bengt Beutler, der sich heute vor allem um die Umwandlung der Bremer Uni in eine Stiftungsuniversität bemüht, sowie der Unternehmer Conrad Naber, einer der wichtigsten Mäzene der Bremer Wissenschaftslandschaft.
■ Christa Fuchs wäre die erste Frau in der Riege der Ehrenbürger.
VON TERESA HAVLICEK UND CHRISTIAN JAKOB
Die Laudatio ist schon fertig: „Die Eheleute Manfred und Christa Fuchs haben mit einer Vielzahl von Forschungskooperationen ganz wesentliche Beiträge für den Erfolg der Universität geleistet,“ heißt es darin. Die Hochschule sei dem Unternehmerpaar „in hohem Maße zu Dank verpflichtet“.
Heute soll deshalb der Akademische Senat beschließen, dass die beiden Geschäftsführer des Bremer Familienunternehmens Orbitale Hochtechnologie Bremen (OHB Technology) mit dem Titel „Ehrenbürger und Förderer der Universität Bremen“ ausgezeichnet werden.
Ginge der Antrag durch, dann würde der Akademische Senat wohl seinen eigenen Beschlüssen widersprechen. Denn gleich mehrere bis heute gültige Entscheidungen des Gremiums schließen Rüstungsforschung an der Hochschule aus. Im Beschluss Nummer 5757 aus dem Jahr 1992 etwa heißt es: „Der Akademische Senat lehnt jede Beteiligung von Wissenschaft und Forschung mit militärischer Nutzung beziehungsweise Zielsetzung ab und fordert die Mitglieder der Universität auf, Forschungsthemen und -mittel abzulehnen, die Rüstungszwecken dienen können.“
Dieses Ausschlusskriterium wird von der Fuchs-Familie fraglos erfüllt. OHB ist einer der weltweit führenden Hersteller von zivilen, aber auch militärischen Satelliten. 2008 hat der Konzern mit 1.200 MitarbeiterInnen rund 220 Millionen Euro Umsatz gemacht.
Eines der bekanntesten Produkte der Fuchs-Gruppe ist das nach Bundeswehrangaben fast 750 Millionen Euro teure Radarsatellitensystem SAR-Lupe. Dabei handelt es sich um einen 2008 in Betrieb genommenen Verbund von fünf Kleinsatelliten. Er versetzt das deutsche und das französische Militär – die beiden Länder teilen sich die SAR-Lupe – in die Lage, innerhalb weniger Stunden hoch aufgelöste Bilder von jedem Punkt der Erde zu machen. Dank der Alcatel-Radartechnik funktioniert dies auch im Dunkeln und durch eine geschlossene Wolkendecke hindurch. Weil bis zu seiner Fertigstellung nur die USA über solche Technik verfügten, gilt die SAR-Lupe als eine der entscheidenden Voraussetzungen für die Fähigkeit der EU-Staaten, unabhängig von den USA Kriege führen zu können.
„Es ist zu fragen, ob die geplante Verleihung nicht im Widerspruch zu Beschlüssen der Universität steht, die Forschung mit militärischer Zielsetzung ablehnt,“ sagt der Bremer Informatik-Professor Hans-Gerog Kreowski, der auch Vorsitzender des „Forums InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung“ ist. Für ihn seien diese Beschlüsse „jedenfalls nicht überholt,“ so dass „erheblicher Diskussionsbedarf“ bestehe. „Nach meinem Verständnis ist die Verpflichtung zu ziviler Forschung nicht vereinbar mit der Ehrung für zwei Führungskräfte eines Unternehmens, das auch für militärische Forschung und Entwicklung steht.“
Laut Uni-Sprecher Eberhard Scholz ist der Anti-Militär-Beschluss von 1992 „nach wie vor nicht aufgehoben“ und wird „sicher in die Diskussion des Akademischen Senats einfließen“. Dieser sei schließlich ein „autonomes Organ, an dem auch studentische Vertreter und wissenschaftliche Mitarbeiter beteiligt sind“. Die Ehrenbürgerschaft solle Christa und Manfred Fuchs wegen ihrer Unterstützung des Fachbereichs Produktionstechnik verliehen werden, der die Auszeichnung beantragt hatte. „Die Raumfahrtwissenschaft und den Fallturm hätte es ohne die Familie Fuchs vielleicht so nicht gegeben“, sagt Scholz. Das seien aber explizit „keine Projekte militärischer Natur“. Laut Scholz gibt es „keine Rüstungsforschung an der Uni Bremen,“ auch wenn es „natürlich immer Graubereiche gebe“, wie etwa in der Informatik. „Da ist unklar, was beispielsweise mit Softwareprogrammen möglich ist“. Das sei eine „ewige Diskussion.“