Schlammschlachtspiele

Borussia Dortmund schlägt den VfL Bochum mit 1:0. Während beim BVB sportlicher Frieden herrscht, leidet der VfL an der Abstiegsverschwörung

AUS DORTMUNDHOLGER PAULER

Keine gute Zeiten für Schiedsrichter. Wettskandal, falsche Pfiffe, Verschwörungstheorien und die Liga befindet sich in Auflösung: „Wenn einige Leute etwas dagegen haben, dass wir drin bleiben, können wir den Spielbetrieb auch einstellen.“ Peter Neururer machte am Samstag ein weiteres Fass auf. Der Trainer des VfL Bochum fühlte sich und seine Mannschaft bei der 1:0-Niederlage in Dortmund zum wiederholten Male verpfiffen – und das wohl auch zurecht, wie zumindest Schiedsrichter Hermann Albrecht nach dem Spiel kleinlaut eingestehen musste. Die beiden maßgeblichen Spiel-szenen kommentierte er folgendermaßen: „Nach Betrachtung der TV-Bilder hätte man bei der Aktion von Weidenfeller eine andere Entscheidung treffen können. Darüber hinaus war das Tor von Lokvenc kein Abseits, da gibt es nichts zu rütteln. Wir sind total fertig. Sie müssen mal in unsere Kabine schauen, wie es da aussieht.“ Besser nicht.

Albrecht und sein Kollege Anklamm hätten der ganzen Geschichte auch einfach aus dem Weg gehen können, wenn sie das Spiel erst gar nicht angepfiffen hätten. Dreitägiger, peitschender Dauerregen ließen die Farbe Rasen des Rasens von einem saftigen Grün ins Dunkelbraune mutieren. Wer nach Abpfiff die Spielfläche begutachtete, wird nicht glauben, dass hier jemals wieder ein Fußballspiel statt finden wird. „Ich muss beiden Teams ein großes Kompliment machen, denn auf diesem Rasen war eigentlich gar kein vernünftiges Spiel möglich“, sagte Dortmunds Coach Bert van Marwijk nach dem Spiel.

Und irgendwie schien die animalische Schlammschlacht Spieler und Zuschauer zu stimulieren. Die Atmosphäre war hitzig bis aggressiv, bei Schlusspfiff waren die Trikots der Spieler kaum noch voneinander zu unterschieden. „Trotzdem macht ein Spiel auch unter diesen Bedingungen Spaß, solange man gewinnt“, brachte es BVB-Angreifer Lars Ricken auf den Punkt. Die Borussen feierten den glücklichen und hart erkämpften Sieg im B1-Derby ausgelassen wie eine Meisterschaft.

Noch vor dem Spiel zeigte sich die Dortmunder Familie gespaltener. Etwa 700 Fans zogen in einem Demonstrationszug durch die Dortmunder Innenstadt – gegen die desaströse Vereinsführung. Nach dem Rücktritt von Ex-Präsident Gerd Niebaum forderten sie nun auch den Kopf von Manager Michael Meier. Seit bekannt wurde, dass Meier und Niebaum im Jahre 2000 Vereinslogo und -Namen verpfändet hatten wurde der Hass immer größer. Doch ausgerechnet jetzt rücken Zuschauer und Mannschaft wieder zusammen. Man konzentriert sich auf das Wesentliche. Und zehn Punkte aus den ersten vier Spielen der Rückrunde liefern gute Argumente.

Anders die Gefühlslage der Bochumer: Auf dem kaum bespielbaren Boden zeigten sie von Beginn an eine überzeugende Leistung. Am Ende wurden wieder die Chancen versiebt, Elfer nicht gegeben und Tore abgepfiffen. Wie immer eigentlich. Die Folge: Der Abstand auf einen Nichtabstiegsplatz betrug vor den Sonntagsspielen nach wie vor sechs Punkte. Bei noch 13 ausstehenden Spielen schwindet die Hoffnung auf eine Rettung zusehends. „Am Ende sind wir aber wieder einmal nicht belohnt worden“, stellte Bochums Filip Trojan relativ nüchtern fest. „Wir müssen dennoch weiter nach vorne schauen, dürfen den Mut nicht verlieren.“ Nächste Woche kommt der punktgleiche SC Freiburg ins Ruhrstadion. Worauf die Bochumer hoffen sollten? Auf ähnliches Wetter und Nicht-Wetter als Schiedsrichter.