: Volmer, Fischer und kein Ende der Affäre
Nordrhein-Westfalens Grüne wollen ihr Wahlprogramm vorstellen – doch die Affäre um die Außenpolitiker Joschka Fischer und Ludger Volmer beherrscht die Diskussion. Parteichefs Haßelmann und Schmidt sehen jetzt Berlin am Zug
DÜSSELDORF taz ■ Joschka Fischer, Ludger Volmer und kein Ende: Auch bei der Vorstellung des grünen Landtagswahlprogramms stand die Visa-Affäre um die grünen Außenpolitiker im Mittelpunkt. Dabei bemühten sich die Vorsitzenden der nordrhein-westfälischen Grünen, Britta Haßelmann und Frithjof Schmidt, um einen Schlussstrich: Mit dem Rücktritt des aus Gelsenkirchen stammenden Volmers als außenpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion und seinem Ausscheiden aus dem Auswärtigen Ausschuss sei der Fall „erledigt“, so Schmidt gestern in Düsseldorf. Volmer sei zu „einer Belastung im Wahlkampf“ geworden, obwohl er sich an alle Verhaltensregeln des Bundestages gehalten habe.
Wegen der „von der Öffentlichkeit so wahrgenommenen Vermischung von Mandat und Amtsgeschäften“ sei Volmer nicht mehr haltbar gewesen, räumte Parteichefin Haßelmann gegenüber der taz ein. Dem Landesvorstand habe Volmer aber versichert, dass es keine Vermischung zwischen Bundestagsmandat und privater Geschäftstätigkeit gegeben habe. Genau dieser Eindruck aber drängt sich auf: Volmer wird vorgeworfen, über seine Bad Honnefer Firma „Synthesis“ mit seinen Kontakten geworben zu haben. „Beim Botschafter auf dem Schoß sitzen“ – mit diesem Firmenmotto soll Volmers Geschäftspartner Burkhard Hoffmeister beim „Synthesis“-Großkunden Bundesbank geworben haben.
Gefahr droht den grünen Wahlkämpfern auch durch die eigentliche Visa-Affäre: Zwar äußerte sich gestern auch Außenminister Fischer erstmalig zu den Vorwürfen, die Visa-Vergabepraxis seines Hauses habe Schleuserkriminalität ermöglicht. Doch die Opposition will den Minister erst Ende des Jahres vor den Untersuchungsausschuss laden – die Affäre droht zur unendlichen Geschichte zu werden. Parteichef Schmidt testete gestern erstmals die neue Sprachregelung der Partei: Missbrauch habe es nur in „drei oder vier osteuropäischen Botschaften“ gegeben – ein genereller Fehler der grünen Politik der Reiseerleichterung sei demnach nicht zu erkennen. Jetzt sei Berlin am Zug, ist aus der Düsseldorfer Grünen-Zentrale zu hören: „Alles hängt davon ab, wie Fischer die Vorwürfe politisch kontert.“ Der Einfluss der nordrhein-westfälischen Landespartei tendiere gegen Null. „Wer soll denn Druck auf Fischer ausüben?“
Im Wahlkampf setzen die Grünen dagegen auf Inhalte. Schwerpunkte des über 100-seitigen Wahlprogramms seien die Verbindung von Ökologie und Ökonomie, Stadtentwicklungs- und Bildungspolitik sowie die Gleichstellung von Frauen, erläuterten Haßelmann und Schmidt – die Grünen wollen die Koalition mit der SPD fortsetzen, fordern ausdrücklich ein gebührenfreies Erststudium. Dennoch gebe es bei der Landtagswahl, bei der die Bürgerinnen und Bürger im Gegensatz zur Bundestagswahl nur eine Stimme haben, nur politische Gegner, betonte Parteichef Schmidt: „Wir kämpfen hier um jede einzelne Stimme.“
ANDREAS WYPUTTA
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