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Archiv-Artikel

Neun macht klug

Alle Kinder müssen in die Schule, und zwar am besten in der Gemeinschaft bis zur 9. Klasse. Spitzenkandidatin Anne Lütkes erklärt das Grünen-Schulkonzept für Schleswig-Holstein

Ein abgewandeltes SED-Parteiabzeichen, eine rote und eine grüne Hand, die einen Pakt schließen, um unsere Kinder in das Korsett einer sozialistischen “Einheitsschule“ zu zwängen – mit dieser kalkuliert geschmacklosen e-card zieht die FDP im Landtagswahlkampf gegen eine Bildungsreform in Schleswig- Holstein zu Felde. Doch worum geht es wirklich, wenn wir bei der Landtagswahl am 20. Februar auch über die Zukunft unseres Schulsystems entscheiden?

Wir wollen junge Menschen durch bestmögliche Bildung zu einem gelungenen Erwachsenenleben befähigen. Dabei verbindet uns Grüne mit jedem aufrechten Liberalen die Einsicht: Kein Mensch gleicht dem anderen. Jeder hat unterschiedliche Begabungen und Interessen, und diese Vielfalt ist unsere Stärke.

Im Gegensatz zur FDP sind wir allerdings nicht der Überzeugung, dass ein Mensch entweder gleichmäßig schlau, gleichmäßig mittel-schlau oder gleichmäßig lernschwach ist. Genau das ist nämlich die Prämisse, von der das gegliederte Schulsystem ausgeht, wenn es die SchülerInnen nach der vierten Klasse auf drei Schulformen auseinandersortiert.

Mit dem gegenwärtigen leistungsfeindlichen und ungerechten Schulsystem vergeuden wir die Talente unserer Kinder und verspielen ihre und unsere Zukunftschancen. Ein weiteres Vorwärts in dieser Abwärtsspirale wird es mit uns Grünen nicht geben. Deshalb streiten wir für unser Konzept “9 macht klug“.

Nach einem verbindlichen Vorschuljahr in der Kindertagesstätte und der anknüpfenden vierjährigen Grundschule besuchen danach alle Kinder eine Gemeinschaftsschule bis zur 9. Klasse. Hier wird jeder seinen eigenen Stärken und Schwächen entsprechend individuell gefördert, und das in einer ausgewogenen Mischung aus Lernen und Lehren, Fördern und Fordern.

Jeder Jugendliche bekommt seinen eigenen Stundenplan, findet sich in kleinen Lerngruppen zusammen, macht seine Hausaufgaben in der Schule und isst gemeinsam mit seinen MitschülerInnen zu Mittag. Die LehrerInnen sind den ganzen Tag an ihrem Schreibtisch ansprechbar. Schließlich ist die Gemeinschaftsschule eine Ganztagsschule, und sie ist nicht nur ein Lernort, sondern soll ein Lebensort sein. Wir wollen die Schultüren aufstoßen, unsere Schulen zu lebendigen Kultur- und Begegnungszentren machen und auf diese Weise bürgerschaftliches Engagement einbinden.

Außerdem wollen wir den Schulen Selbstständigkeit geben. Sie sollen mit ihren Mitteln eigenverantwortlich wirtschaften können, ihr Personal selbst auswählen und damit ihr eigenes Profil herausbilden, so dass die Eltern für ihre Kinder die Schule wählen können, deren Profil ihnen am meisten zusagt. Um die Qualität der Lehre zu gewährleisten, werden wir zentrale Bildungsstandards einführen und Leistungsvergleiche mit anderen Schulen durchführen. Nach der neunten Klasse haben die SchülerInnen dann die Möglichkeit, in eine berufliche Ausbildung einzusteigen oder ein Oberstufenzentrum zu besuchen, um in zwei bis vier Jahren das Abitur zu machen.

Die neue Schule kostet uns langfristig nicht mehr, denn durch den Abbau der Schulbürokratie, das Abschaffen des Sitzenbleibens, die Reform der gymnasialen Oberstufe zu Oberstufenzentren und die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur auf durchschnittlich 12 Jahre werden die höheren Kosten für Betreuung, pädagogische Standards und die bestmögliche Schulausstattung aufgewogen. Die neue Schule kostet aber eines – nämlich den Mut, damit anzufangen.

Der Liberalismus denkt immer vom Individuum her. Genau das tun wir mit unserer Bildungsreform auch. Und daher gibt es für liberal gesinnte BürgerInnen am 20. Februar eigentlich nur eine Wahl: Bündnis 90/Die Grünen. Alles andere ist Gleichmacherei, da gebe ich Ihnen die Hand drauf.