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Archiv-Artikel

Entwicklungshilfe wohl keine deutsche Sache

Nur vier EU-Länder erfüllen die selbst eingegangene Verpflichtung zur Armutsbekämpfung. Deutschland ist nicht dabei

BRÜSSEL taz ■ Heute diskutieren die EU-Entwicklungshilfe-Minister bei ihrem informellen Treffen in Luxemburg über den europäischen Beitrag zu den von den Vereinten Nationen festgelegten Jahrtausend-Zielen. Diese sollen eigentlich bis 2015 erreicht werden. Tatsächlich aber lässt die Hilfe der EU-Mitgliedsstaaten stark zu wünschen übrig. Das bestätigt ein Bericht, den mehrere Nichtregierungsorganisationen gestern in Brüssel präsentierten.

„Wir sind mehr als unzufrieden mit dem Engagement vor allem der großen EU-Mitgliedsstaaten. Sie werden die schon ziemlich niedrig angesetzten Ziele nie erreichen“, sagte Louise Hilditsch von Action Aid International. Gemeinsam mit Kollegen von Oxfam und Eurodad hat sie die bisherige Entwicklungshilfe der EU-Länder analysiert. Das Ergebnis ist ernüchternd: Bis 2015 haben sich alle EU-Mitglieder dazu verpflichtet, mindestens 0,7 Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsprodukts für die Bekämpfung der Armut in der Welt auszugeben. Deutschland liegt mit gerade einmal 0,28 Prozent an sechstletzter Stelle in der EU. Nur Luxemburg, die Niederlande, Schweden und Dänemark erfüllen die Vorgabe.

Ähnlich schlecht sieht die deutsche Bilanz beim Schuldenerlass und bei den Handelserleichterungen für Entwicklungsländer aus. Bisher hat Deutschland nur 6 afrikanischen Ländern die bilateralen Schulen erlassen, eigentlich sollten es 42 sein. Auch Italien oder Frankreich sind von den gesteckten Zielen noch weit entfernt.

Das Engagement nach der Tsunami-Katastrophe gibt den Entwicklungshilfe-Organisationen aber neue Hoffnung – auch für Afrika. Diese Katastrophe habe gezeigt, was die internationale Gemeinschaft leisten kann, heißt es in dem Bericht. Aber man müsse auch beachten, „dass das Fehlen internationalen Handelns, Entwicklungshilfe-, Schulen- und Handelspolitik zu reformieren, genauso zerstörerische Wirkung hat wie diese Naturkatastrophe“. Jetzt komme es darauf an, zu verdeutlichen, dass in Afrika jede Woche mehr Menschen an Armut sterben, als der Tsunami umgebracht hat. „Das Problem in Afrika ist, dass es eine tägliche Katastrophe ist“, sagte Louise Hilditsch.

Dass dieses Problem noch viel mehr Facetten hat, zeigt eine gestern veröffentlichte Studie des Internationalen Zentrums für Konversionsforschung: Danach geben die ärmsten Länder zu viel Geld für Militär und Rüstungsimporte aus. So kämen in Eritrea auf 1.000 Einwohner 47 Soldaten, aber nur 0,05 Ärzte. Hauptlieferanten von Waffen seien Russland, Rumänien und Bulgarien. RUTH REICHSTEIN