: Christdemokraten sehen bei Europa schwarz
CDU kritisiert die Europapolitik der Landesregierung: Dem Land drohe ein Verlust von Fördermitteln in Milliardenhöhe, die Brüsseler Landesvertretung arbeite ineffektiv, von SPD-Europaminister Wolfram Kuschke sei nichts zu sehen
DÜSSELDORF taz ■ Einen Tag nach dem Besuch von EU-Regionalkommissarin Danuta Hübner im Ruhrgebiet versuchen die Christdemokraten, mit einer europapolitischen Initiative zu kontern. NRW drohe in der Förderperiode von 2007 bis 2013 der Verlust von EU-Strukturmitteln von bis zu 2,5 Milliarden Euro, ist der CDU-Europaabgeordnete Markus Pieper überzeugt. Die christdemokratische Landtagsabgeordnete Ilka Keller wiederholte ihren Vorwurf, die NRW-Landesvertretung in Brüssel arbeite ineffizient. Auch die Arbeit von SPD-Europaminister Wolfram Kuschke sei „kaum sichtbar“, findet Keller.
Besonders sorgen sich die Christdemokraten um Kürzungsvorschläge, mit denen die Bundesregierung Zahlungen an die EU-Zentrale stabil halten will – künftig sollen nur noch ein Prozent des nationalen Bruttosozialprodukts nach Brüssel fließen, derzeit sind es noch 1,14 Prozent. Damit stünden wichtige Strukturprogramme, etwa die Ziel 2-Förderung für das Ruhrgebiet, Teile Ostwestfalens oder den Kreis Heinsberg zur Debatte, glaubt Pieper: „Westdeutschland wäre quasi strukturmittelfrei.“ Dass die Bundesebene angesichts immer höherer Schulden auch bei den Zahlungen an Brüssel kürzen wolle, verstehen auch die Christdemokraten. Sinnvoller sei aber eine generelle Kürzung der Förderprogramme „um zehn bis 15“ Prozent. „Damit würde die nordrhein-westfälische Strukturförderpolitik nicht generell gefährdet.“
Die Landesregierung wies die Vorwürfe auf taz-Anfrage zurück. „Ilka Kellers Position wird durch die beständige Wiederholung nicht richtiger“, sagt Frank Knoll, Sprecher von Europaminister Kuschke. „Die CDU sollte die aktuellen Nachrichten beachten“, sagt Knoll – erst am Montag hatte die zuständige EU-Regionalkommissarin Danuta Hübner bei einem Besuch des Ruhrgebiets betont, auch nach 2006 würden weitere Ziel 2-Mittel fließen. „Es wird weiterhin einen Topf geben“, hatte SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrückbetont. Zur Höhe der Förderung äußerte sich die Kommissarin aber nicht. Klar ist, dass künftig 78 Prozent der Unterstützung an die neuen EU-Mitglieder in Osteuropa gehen. „Ganz so üppig wie bisher werden die Gelder nicht mehr fließen“, warnt auch Kuschkes Sprecher Knoll. „Die genaue Höhe steht noch nicht fest. Viel weniger darf es aber wegen der nach wie vor schwierigen Situation gerade im Ruhrgebiet nicht sein.“ Bis zum Ende der laufenden Förderperiode 2006 jedenfalls dürfen sich strukturschwache NRW-Regionen noch einmal über einen Geldregen freuen: „Noch sind über 300 Millionen Euro im Topf“, betont Knoll.
Der CDU aber reicht das nicht. Noch immer unterstütze NRW Wirtschaft und Hochschulen, die um die knapper werdende Unterstützung konkurrierten, zu wenig, findet auch der CDU-Europaabgeordnete Herbert Reul. „Auf der Landesebene müssen die Schnittstellen zwischen Unternehmen, Hochschulen und Politik verbessert werden“, fordert der ehemalige CDU-Landesgeneralsekretär. Was konkret verändert werden soll, sagt Reul aber nicht. ANDREAS WYPUTTA