: Mit Prinz Poldi fit am Ball statt fett im Unterricht
Lukas Podolski und die Kölner Sporthochschule sagen dem Übergewicht von Schülern den Kampf an: An 200 Schulen in Nordrhein-Westfalen sollen Kinder und Jugendliche sich nicht nur mehr bewegen, sondern auch gesünder essen. Das Ganze finanziert: Ein bekannter Kartoffelchipshersteller
KÖLN taz ■ Die Freude steht Lukas Podolski ins Gesicht geschrieben. Endlich braucht der Fußballprofi des 1. FC Köln nicht mehr alle Wege mit dem Fahrrad oder zu Fuß bewältigen. „Nach 45 Minuten hatte ich den Lappen“, freut sich der Nationalspieler über die gerade bestandene Führerscheinprüfung.
Während sich Podolski jetzt vielleicht ein bisschen weniger bewegt, sollen die SchülerInnen der Hauptschule Brehmstraße in Köln-Riehl und sechs weiteren Kölner Schulen das Gegenteil tun. Mit der vom FC-Spieler unterstützten Aktion „Fit am Ball“ sagt die Kölner Sporthochschule der Zivilisationskrankheit Übergewicht bei Kindern den Kampf an. Gestern startete in Podolskis Gegenwart die zweite Phase. Fortan soll an 200 Schulen in NRW 7.000 SchülerInnen zwischen acht und dreizehn Jahren Spaß am Sport und gesunder Ernährung vermittelt werden.
Die Hauptschule Brehmstraße ist schon seit 2004 dabei. „Ich mache jetzt in meiner Freizeit mehr Sport“, sagt Nida. Die 13-jährige Schülerin kickt heute gemeinsam mit ihrem Bruder Fußball oder spielt Volleyball. „Durch die Sport AG gab‘s endlich mal Abwechslung“, freut sich Nida über das zusätzliche Angebot an ihrer Schule. Damit ist sie kein Einzelfall. „Die Ergebnisse sind sehr positiv“, fasst Projektleiter Jürgen Buschmann die Auswertung der ersten Phase zusammen. Durchweg hätten die Schüler mehr Spaß an Sport bekommen. Und: „Durch das Angebot hat sich das Sozialklima in den Schulen deutlich verbessert“, berichtet Buschmann von einem Erfolg der Kampagne, der so gar nicht erwartet worden war. Durch das zusätzliche Sportangebot hätten sich neue Freundschaften gebildet.
Nur der „Aspekt Ernährung kam trotz Broschüren für Lehrer und Kinder bisher nicht vor“, bemängelt Buschmann. Deswegen ist in der gestern gestarteten zweiten Aktionsphase auch das Thema gesunde Ernährung in die Sport-AGs integriert. „Die Kinder lernen spielerisch, wie Bewegung und Ernährung zusammenhängen“, erklärt Buschmann den neuen Ansatz. In elf zusätzlichen Doppelstunden Sport erhalten die Schüler künftig Unterricht in fußballbezogenen und allgemein motorischen Übungen und lernen dabei auch, wie sie sich richtig ernähren.
Das Angebot bewährt sich: „Wir hatten kein Problem, SchülerInnen für die freiwilligen AGs zu gewinnen“, berichtet Sportlehrer Daniel Brünner von der Begeisterung der Kinder. Im Gegenteil: 30 Interessierte hatten das Nachsehen. „Wir können leider nur 20 in eine AG aufnehmen“, bedauert Sportlehrer Brünner. Dennoch herrschen an seiner Schule geradezu „paradiesische Zustände“. Für 240 SchülerInnen gibt es drei Sportlehrer und der Unterricht fällt nicht ständig aus.
Das ist nämlich längst nicht an allen Schulen so. Zu wenig Sportlehrer, häufiger Unterrichtsausfall und schlechte Ausstattung sind gerade an Grund- und Hauptschulen ein großes Problem. „Manche Schulen haben nicht einmal Bälle“, berichtet Projektleiter Buschmann von den erschreckenden Defiziten an Kölner Schulen. Erst durch „Fit am Ball“ seien einigen die ersten acht Fußbälle für den Sportunterricht überreicht worden.
Gesponsert wird das Projekt von Intersnack. Der Hersteller von Kartoffelchips und Sponsor des 1.FC macht für die Präventionsaktion gegen Übergewicht bei Kindern nach eigenen Angaben „mehrere hunderttausend Euro“ locker. Geschäftsführer Christopher Ferkinghoff verweist darauf, dass es an den Produkten seiner Firma jedenfalls nicht liege, wenn Kinder zu dick würden: „Obst ist auch nicht gesünder als Chips.“ Es gibt zwar einen „ungesunden Lebensstil, aber keine ungesunde Nahrung“, sagt Ferkinghoff.
THOMAS SPOLERT