american pie : Eishockeyliga erreicht Schmelzpunkt
Heute soll die Saison der NHL komplett abgesagt werden, bei den Basketballern wird schon mal verhandelt, um Ähnliches zu verhindern
Dirk Nowitzki und Steve Nash gehen für die Frankfurt Skyliners auf Korbjagd, Shaquille O’Neal und Kobe Bryant feiern fröhliche Wiedervereinigung bei Fortitudo Bologna, LeBron James und Zydrunas Ilgauskas führen Zalgiris Kaunas zum EuroLeague-Titel. Klingt verrückt, könnte aber in der nächsten Basketball-Saison durchaus Realität werden – wenn die NBA dem Beispiel der Eishockeyliga NHL folgt.
Von deren Cracks stürmt längst ein ganzer Schwung über europäisches Eis, seit die Klubbesitzer kurz vor dem geplanten Saisonbeginn im Oktober eine Aussperrung der Spieler verkündeten. Über 800 Matches sind dem Arbeitskampf bereits zum Opfer gefallen, heute könnte NHL-Commissioner Gary Bettman auch den Rest absagen. Erstmals würde damit in einer nordamerikanischen Profiliga eine komplette Saison ausfallen. Der materielle und ideelle Schaden für die finanziell ohnehin schwächelnde Eishockeyliga wäre immens – möglicherweise sogar tödlich. „Das ist ‚Thelma and Louise‘“, sagt Dallas Stars-Präsident Jim Lites, „sie fahren das Auto über die Klippe.“
Am Montag hatten Ligavertreter und Spielergewerkschaft noch einmal über einen neuen kollektiven Arbeitsvertrag verhandelt, beide Seiten machten deutliche Zugeständnisse. Erstmals akzeptierten die Spieler grundsätzlich eine Gehaltsobergrenze, die so genannte Salary Cap, welche sie bisher kategorisch abgelehnt hatten. Die Vorstellungen über die Höhe einer solchen Begrenzung lagen aber so weit auseinander, dass die Gespräche ergebnislos abgebrochen wurden. Ein Kompromiss schien nicht in Sicht. Immerhin verschob Bettman seine für gestern angekündigte Pressekonferenz um einen Tag.
Auch in der NBA läuft der kollektive Arbeitsvertrag aus, und was einen neuen betrifft, liegen beide Seiten weit auseinander. Die Salary Cap ist bei den Basketballern längst eingeführt, strittig ist aber die Höhe der Luxussteuer, die bei deren Überschreiten zu zahlen ist. Die Liga möchte diese erhöhen, um den Anstieg der Gehälter weiter zu begrenzen, die Spieler fordern eine Senkung. Außerdem möchte die NBA die Vertragsdauer auf maximal vier Jahre limitieren und das Mindestalter für NBA-Profis von 18 auf 20 erhöhen. Auch das lehnt die Gewerkschaft ab. Die Gespräche laufen und sollen am Rande des All-Star-Games am Wochenende in Denver intensiviert werden. „Ich glaube nicht, dass es eine Aussperrung geben wird“, sagt Spielervertreter Antonio Davis von den Chicago Bulls. Die NHL sollte Warnung genug sein.
MATTI LIESKE