: Kein Platz für Stadtentwicklung
Mit der Zunahme des Hafenumschlags wächst der Flächenbedarf – nicht nur für Containerterminals, sondern auch für die Logistik. HHLA: „Der Hafen wird nicht komplett nach Westen wandern.“ Damit kommt er dem Sprung über die Elbe in die Quere
Von Gernot Knödler
Die Euphorie, mit der der Sprung über die Elbe geplant und dabei der Hafen einbezogen wurde, könnte sich als verfrüht erweisen. Mit zweistelligen Wachstumsraten im Rücken meldet die Hafenwirtschaft Ansprüche auf Flächen an, von denen angenommen wurde, sie würden vom Hafen nicht mehr gebraucht. Für die Stadtentwicklung ergeben sich daraus zunehmend Konflikte. Manches Projekt, das aus der Bürgerschaft oder aus dem Stadtteil Wilhelmsburg für Hafenareale vorgeschlagen wurde, könnte sich als Traum erweisen.
„Der Hafen wird nicht komplett nach Westen wandern“, prognostiziert Florian Marten, der Sprecher der Hamburger Hafen- und Lagerhaus-Aktiengesellschaft (HHLA). Eher sei mit unterschiedlichen Nutzungsschwerpunkten zu rechnen: im Westen Container-Terminals, an denen die Schiffe entladen werden, im Osten Logistik-Flächen, auf denen die Ware zum Weitertransport vorbereitet wird. „Aus unserer Sicht ist dieser Bereich unverzichtbar“, sagt Marten.
Der Sprecher untermauert das mit den Zahlen eines Logistik-Joint-Ventures der HHLA mit Rhenus-Logistics. Deutschlands größter Seehafenbetrieb mit 700 Millionen Euro Jahresumsatz und 3.500 Mitarbeitern hält 51 Prozent der Anteile, Rhenus mit 800 Millionen Euro Jahresumsatz und 5.200 Mitarbeitern die übrigen 49 Prozent. Im November 2003 gegründet, hat die HHLA Rhenus Logistics mittlerweile 200 Mitarbeiter. Im vergangenen Jahr wuchs der Umsatz um 25 Prozent – ein Sprung, der so extrem ausfiel, weil mit Tchibo ein Großkunde gewonnen werden konnte, wie Michael Schirmaier, der Geschäftsführer des Gemeinschaftsunternehmens, einräumt.
Ausgehend vom Übersee-Zentrum auf dem Kleinen Grasbrook mit 130.000 Quadratmetern überdachter Lagerfläche eröffnete die Firma im August 2004 ein 50.000 Quadratmeter großes Lager auf der Dradenau und im Januar weitere 18.000 Quadratmeter am Rosshafen. Im Dezember soll ein weiteres HHLA-Rhenus-Logistikzentrum in Altenwerder mit 42.000 Quadratmetern fertig sein.
Ein gutes Argument der Logistiker im Wettbewerb um die Grundstücke ist dabei die Arbeitsplatzausbeute bezogen auf die Investition: Während im supermodernen Containerterminal Altenwerder für zirka 550 Millionen Euro der HHLA rund 550 Arbeitsplätze geschaffen wurden, will HHLA-Rhenus auf ihrer Logistikfläche hinter dem Terminal mit 20 Millionen Euro 150 Arbeitsplätze schaffen.
Doch dafür brauchen die Logistiker Platz. Das riesige Übersee-Zentrum sei „heute voll bis über die Hutschnur“, sagt Schirmaier. Zwar kann seine Firma an der Dradenau und in Altenwerder noch anbauen, doch auch die übrigen Logistikfirmen und die Container-Terminals wachsen. Sollte der Senat, wie jüngst in Aussicht gestellt, einen neuen Containerterminal im Mittleren Freihafen bauen, müssten Ersatzflächen gefunden werden.
Schirmaier würde daher ein Logistikzentrum im Autobahnknie in Obergeorgswerder „gerne prüfen“, allerdings nur als Ergänzung und „Basis für weiteres Wachstum“ – keinesfalls als Ersatz etwa für das Überseezentrum. Die Handelskammer hat diese Botschaft bereits verbreitet. Sie will den Kleinen Grasbrook für eine erneute Bewerbung um die Olympischen Spiele in Reserve halten. Bereits die erste Bewerbung hatte sich als mächtiger Antrieb für die Stadtentwicklung erwiesen und eine Stadterweiterung auf dem Kleinen Grasbrook erst ernsthaft aufs Tapet gebracht.