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Archiv-Artikel

Billigjobs an Unis alarmieren Studierende

Auch Universitäten im Rheinland prüfen die Einführung von Billigjobs. Studierendenvertretungenund die Kölner Hochschulgruppe der Jusos warnen: Sparzwang darf nicht auf Kosten der Qualität gehen

KÖLN taz ■ Studierendenvertretungen von Universitäten im Rheinland schlagen Alarm: Sie wollen verhindern, dass reguläre Jobs, etwa in Bibliotheken, durch Billigjobs verdrängt werden.Was beispielsweise in Marburg bereits beschlossene Sache ist, die Einführung von sogenannten Ein-Euro-Jobs, wurde jetzt auch in Aachen geprüft.

Dort hatte der Oberbürgermeister die Idee, an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Ein-Euro-Jobs einzuführen, berichtet RWTH-Sprecher Toni Wimmer der taz. Allerdings, sagt Wimmer, könne die RWTH darüber gar nicht selbst entscheiden: Für die Einführung von 1-Euro-Jobs an Hochschulen sei das Wissenschaftsministerium zuständig. „Wir warten darauf, was das Ministerium vorschlägt.“

Generell ablehnen würde die RWTH die Billig-Jobs aber nicht, sagt Wimmer. Auch sieht er keine Gefahr, dass studentische Hilfskräfte durch Ein-Euro-Jobs ersetzt werden: Die seien schließlich eine „wichtige Stütze“ für den Hochschulbetrieb, so Wimmer. Bei Bibliotheken will er freilich schon nicht mehr ausschließen, dass hier die so genannten „Integrationsjobs“ zum Einsatz kommen.

Noch nicht festgelegt haben sich die Universitäten Köln und Bonn. In Köln habe eine Meinungsbildung „bisher noch nicht stattgefunden“, sagt Personaldezernentin Irmgard Hannecke-Schmidt. „Insofern gibt es derzeit weder Planungen, diese Jobs einzuführen, noch kann dies jetzt schon für die Zukunft ausgeschlossen werden.“

Deutlicher wird die Universität Bonn. „Wir wissen nicht, wie die finanzielle Lage in ein paar Jahren sein wird“, sagt Sprecher Andreas Archut. Aber „zum jetzigen Zeitpunkt“ sei „nichts geplant“. Auch Archut glaubt nicht, dass studentische Hilfskräfte durch Ein-Euro-Jobber ersetzt werden könnten. Die Studierenden würden schließlich in Bereichen arbeiten, in denen gewisse Kenntnisse nötig seien.

Die Studierendenschaften beruhigen solche Absagen überhaupt nicht. Im AStA der RWTH Aachen begrüßt man zwar, dass die Existenz studentischer Hilfskräfte nicht gefährdet sein soll. Das müsse aber auch etwa für Studistellen in Bibliotheken gelten, fordert Lea Heuser vom Aachener AStA. „Viele Studierende sind zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts auf Hiwi-Tätigkeiten angewiesen.“ Sie fürchtet außerdem, „dass auf Dauer wegen des Sparzwangs qualifizierte MitarbeiterInnen abgebaut werden und der personelle Bedarf zum Betrieb der Bibliothek dann von 1-Euro-Jobs mitgetragen wird“. Das würde dann auf Kosten der Qualität der Bibliotheken gehen, kritisiert Heuser.

Der Aachener AStA ist aber auch ganz grundsätzlich gegen Ein-Euro-Jobs. „Für die Betroffenen heißt dies, dass Artikel 12 des Grundgesetzes, der das Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes sichert und jeden Arbeitszwang verbietet, für sie nicht gültig ist“, so Heuser.

In Köln ist die Studierendenschaft bereits präventiv tätig geworden: Auf Antrag der Juso-Hochschulgruppe hat sich das Studierendenparlament der Uni vor vierzehn Tagen mit großer Mehrheit gegen die „Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung“ ausgesprochen und studentische Selbstverwaltung, Studierendenwerke und Universität aufgefordert, auf die „unter Androhung von Sanktionen in Form von Leistungskürzungen“ aufgezwungenen „Billigjobs“ zu verzichten. „Diese führen nicht nur zu Lohndumping, sondern zerstören auch reguläre Beschäftigungsverhältnisse“, heißt es in dem Beschluss.

Unterdessen hat das NRW-Wissenschaftsministerium dementiert, für die Einführung von Ein-Euro-Jobs zuständig zu sein. „Es gibt keinen Regelungsbedarf von Seiten des Ministeriums“, sagt Sprecher Ralf-Michael Weimar. Seit dem 1. Januar, als das neue Hochschulgesetz in Kraft trat, hätten die Hochschulen „weitestgehend eigene Personalhoheit“. Die Hochschulen könnten jetzt sogar Professoren selbst berufen. Bei Ein-Euro-Jobs will das Ministerium deswegen erst recht nicht eingreifen.

„Wir überlassen das den Hochschulen vor Ort“, bekräftigt Weimar. Diese müssten sich mit der Arbeitsagentur vor Ort einigen. Aber natürlich würden auch für die Hochschulen die üblichen Regeln gelten: „Integrationsjobs“ müssten in öffentlichem Interesse und gemeinnützig sein, und sie dürften keine regulären Beschäftigungsverthältnisse verdrängen, mahnt Weimar. Aber dass das zu beachten sei, sei ja eine „Selbstverständlichkeit“.

DIRK ECKERT