Willkommen in der Nach-Hoyzer-Ära

Regionalligist Paderborn schlägt zum Jahresauftakt den Wuppertaler SV mit 1:0 und hat dadurch weiter den Aufstieg im Visier. Wichtiger als das Spiel waren allerdings die Nachwehen des unsäglichen Fußball-Wettskandals

PADERBORN taz ■ Am vergangenen Freitag spannte Wilfried Finke die Paderborner auf die Folter. Der Präsident des Fußball-Regionalligisten SC Paderborn gab bekannt, dass das neue Stadion (Kapazität 15.000 Plätze) schon einen Namen habe: Eine „Robert-Hoyzer-Arena“ würde es in der ostwestfälischen Metropole wohl eher nicht geben. Also fällt die Sache unspektakulär aus und mit der „Paragon-Arena“ bekommt ein in Ostwestfalen ansässiger Automobil-Zulieferer den Zuschlag.

Den in Berliner Untersuchungshaft sitzenden Skandal-Schiedsrichter wird das nicht sonderlich grämen, kann er sich doch damit trösten, dass sein Geist im alten Hermann-Löns-Stadion wohl noch bis zur Eröffnung der neuen Arena zur Saison 2005/06 präsent ist. Knapp drei Wochen nach Bekanntwerden des Skandals mit dem Geständnis Hoyzers, das Pokalspiel des SC Paderborn gegen den HSV (4:2) manipuliert zu haben, fanden sich auch zum Regionalliga-Spiel gegen den Wuppertaler SV Borussia reichlich Spuren, die an Hoyzers wohl berühmtestes Schmieren-Spiel erinnerten. So ließ es sich ein Dauerkartenbesitzer auf den blaugeschalten VIP-Plätzen nicht nehmen, den üblichen Platznachbarn seiner Umgebung unter großem Hallo einen „Paderborn/HSV-Schal“ zu präsentieren. Erstanden zum denkwürdigen Kick. „Der ist jetzt viel wert“, sagte er nicht ohne Stolz und schloss nicht gänzlich aus, ihn später einmal im Internet zu versteigern. Wer mit der Hoyzer-Lupe suchte, dem entging nicht die Stadion-Bandenwerbung für ein kroatisches Restaurant. Ansässig in Alt-Paderborn.

Dem aktuellen Stimmungsbild wollten sich auch die knapp 500 WSV-Fans unter den 2.606 Zuschauern nicht entziehen. Als erste Anhängerschar dürfen sie für sich in Anspruch nehmen, die Paderborner Spieler in einem Meisterschaftsspiel mit dem in Zukunft wohl wahnsinnig originellen Spruch „Ohne Hoyzer habt ihr keine Chance“ begrüßt zu haben. „Kai aus der Kiste“ (Ausspruch des HSV-Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann für den Paderborner Kollegen, nachdem dieser den HSV mit in den Kreis der Skandal-Verdächtigen einschloss) gedachten die WSV-Anhänger in Form eines Banners. „Finke-Hoyzer-Mafia machen euch den Aufstieg klar“ stand da zu lesen. Manche WSV-Fans hatten sich zur Feier des Tages wie weiland die Blues Brothers in schwarzes sizilianisches Tuch gehüllt.

Tatsächlich hatte der 1:0-Sieg des Tabellenführers (Kopfballtor in der 62. Minute durch Guido Spork) weniger mit mafiösen Strukturen als mit einer gehörigen Portion Paderborner Glück und einem starken Torhüter Stephan Laboué zu tun. Der WSV war vor allem in der zweiten Halbzeit die deutlich bessere Mannschaft und hätte durch Holger Gaißmayer zum verdienten Punktgewinn kommen müssen. Doch der ehemalige Bundesligakicker traf zehn Minuten vor Schluss nur die Latte.

Es passte ins Bild, dass das Spiel nicht gänzlich skandalfrei war. Auch wenn es sich eher um ein nicht spielentscheidendes Skandälchen handelte. In der 32. Minute hatte Hoyzer-Nachfolger Guido Kleve WSV-Torhüter Christian Maly nach einer angeblichen Notbremse außerhalb des Strafraums die rote Karte gezeigt. Maly beteuerte und die Fernsehbilder bewiesen, dass er Paderborns Krösche nicht von den Beinen geholt hatte. „Der Hammer war aber“, sagte Maly nach dem Spiel, „dass der Schiri mich später ansprach und meinte: ,Jetzt kannst Du doch zugeben, dass du den getroffen hast‘.“

Nach 53 Minuten wurde dieses Unrecht durch den berechtigten Platzverweis des Paderborners Alessandro da Silva wieder ausgeglichen. Während SCP-Trainer Pavel Dotchev nach der Partie zugab, dass sein Team nicht gut gespielt habe, wünschte Kollege Uwe Fuchs dem siegreichen Kontrahenten für den Aufstieg alles Gute. Um im Nachsatz die Lacher der Anwesenden zu ernten. „Vielleicht sehen wir uns ja dann im DFB-Pokal wieder.“

THOMAS BESCHE