: Abschiebung wegen schlechter Schulnoten
Entgegen dem Votum der Härtefallkommission für eine Aufenthaltserlaubnis soll die Familie Railić nach Bosnien abgeschoben werden. „Zu schlechte Schulnoten“, lautet die Begründung des Senats im Fall des Sohnes Goran
Schlechte Schulnoten. Mit dieser Begründung hat der Senat vor zehn Tagen das Ersuchen der Härtefallkommission abgelehnt, die einstimmig für eine Aufenthaltserlaubnis für die bosnische Familie Railić plädiert hatte. Nun droht als Erstes dem 21-jährigen Sohn Goran Railić die Abschiebung. Seit Dezember vergangenen Jahres sitzt er in Abschiebehaft. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er die Berufsschule besucht.
„Deutsche Jungs haben doch auch mal Fünfen“, sagt der Berufsschüler fassungslos. Sein halbes Leben habe er in Berlin verbracht, sei hier groß geworden und kenne „da unten“ überhaupt niemanden. Und auch einen Arbeitsplatz habe er hier in Aussicht. Für Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zählt das nicht. Für ihn sind Gorans Noten ein Zeichen „mangelnder Integrationsfähigkeit“ – und „Integration“ ist Voraussetzung für eine Aufenthaltserlaubnis.
„Der Fall ist für den Senat erledigt“, sagt Anwältin Svenja Schmidt-Bandelow, die die Familie zurzeit noch vor dem Verwaltungsgericht vertritt. Die Familie war am 6. Dezember 2004 auf der Ausländerbehörde verhaftetet worden, als sie ihre Duldung verlängern wollten. Nachdem eine schnelle Abschiebung verhindert werden konnte, kamen die Eltern wieder frei. Nur Goran blieb inhaftiert. „Untertauchgefahr“ hieß es. „‚Sie sprechen ja perfekt deutsch und kennen sich hier gut aus‘, hat der Richter mir als Begründung gesagt“, erzählt Goran. Da sei er den Behörden wohl zu gut integriert gewesen.
Dass seine Familie doch noch eine Aufenthaltserlaubis erhält, glaubt der 21-Jährige nicht – obwohl der Senat noch einmal neue Atteste von seinem Vater und dessen jüngsten Sohn sehen möchte. Der Vater ist herzkrank und traumatisiert, sagt die Anwältin. Eine Traumatisierung wurde von den Behörden jedoch bis heute bezweifelt. Der jüngere Sohn leide unter Asthma. Die Familie Railić flüchtete 1993 wegen des Bürgerkrieges im früheren Jugoslawien nach Deutschland. Seitdem lebte sie hier unter Duldung. Nur die Tochter ist inzwischen verheiratet und hat so ein Bleiberecht.
Auf Goran kommen nun auch noch Haft- und Abschiebekosten von bis zu 4.000 Euro zu, sagt seine Anwältin. Denn ihr Antrag auf „freiwillige Ausreise“ wurde abgelehnt. Wiederkommen möchte Goran auf jeden Fall. Seit fünf Jahren ist er mit einer deutschen Frau zusammen. „Wir wollen heiraten.“ ANNE BECKER