: Schwulsein ist jetzt besser
Hartz IV sieht homosexuelle Paare, die zusammenleben, nicht als Bedarfgemeinschaft an. Finanziellen Vorteile, die sich dadurch ergeben, lehnen Schwule und Lesben jedoch ab
VON NATALIE WIESMANN
Homosexuelle im Ruhrgebiet wollen vom Hartz IV-Gesetz nicht begünstigt werden. Sie stimmen dem Sozialgericht Düsseldorf zu, das die Ungleichbehandlung von homosexuellen Lebensgemeinschaften bei Hartz IV vergangene Woche für verfassungswidrig erklärte.
Einer arbeitslosen Frau aus Mönchengladbach wurde das Arbeitslosengeld II verweigert, weil sie mit einem erwerbstätigen Mann zusammenlebt. Das Sozialgericht befand, dass das Zusammenleben allein nicht zur Bestimmung einer Bedarfsgemeinschaft nach Hartz IV reiche und der Frau staatliche Unterstützung zustehe. Der Gesetzestext widerspreche außerdem dem Gleichheitsgrundsatz, weil es nur bei heterosexuellen „wilde Ehen“ das Partnereinkommen berechne und gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften außen vor lasse.
Doch die Schwulen und Lesben können die Bevorzugung nicht genießen. „Es ist egal, ob das Partnereinkommen jetzt angerechnet wird oder nicht, aber das Gesetz muss für alle gleich sein“, sagt Daniel Soderkamp, (bekennend) schwuler FPD-Landtagsabgeordneter aus Witten. Er sei froh, dass das Sozialgericht so sensibel auf die Ungleichbehandlung von homosexuellen Lebensgemeinschaften reagiert hätte. Ihm liege jetzt auch ein Antrag der SPD und Grünen vor, „den die FDP vor einem Jahr bereits in den Landtag eingebracht hat“: Die Regierung wird beauftragt, alle Landesgesetze nach Ungleichheiten zu durchforsten. „Auch beim Steuer- und Versorgungsrecht ist noch Einiges auszubügeln“, sagt Soderkamp.
Auch Michael Dornik, stellvertretender Vorsitzender der schwulen Sozialdemokraten in Düsseldorf, will keine Sonderregelung für Homos. „Dieser Fall macht klar, wie mit unterschiedlichen Maßstäben an heterosexuelle und homosexuelle Paare herangegangen wird“, sagt er. Das sei bei der vergangenen Diskussion um die so genannte Homo-Ehe besonders deutlich geworden. Auch er begrüßt den Beschluss des Sozialgerichts.
Für Julia Beekes vom Sozialverein für Lesben und Schwule in Mülheim wäre die Bevorzung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen Wasser auf den Mühlen der Homophoben: „Auch wenn wir von der Eheschließung und dem Adoptionsrecht ausgeschlossen sind, wir wollen keine Sonderrechte bei Hartz IV“, sagt sie.
Als „Sturm im Wasserglas“ bezeichnet Gabriele Bischoff, Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft der Lesben in NRW, die Diskussion um die Bevorzugung von Homosexuellen bei Hartz IV. „Die nicht eingetragenen homosexuellen Partnerschaften sind von der Gesetzgebung einfach nur vergessen worden“, sagt sie. Bei der früheren Sozialhilfe hätten die Sozialämter auch bei schwulen und lesbischen Lebensgemeinschaften genau hingeguckt, ob die beiden füreinander aufkommen. „Diese Lücke wird ruckzuck geschlossen werden“, ist sich Bischoff sicher.