Eine Plattform für die Bürger

Köln bekommt eine Bürgerstiftung. Sie will vieles, aber vor allem eines: die Kölner und Kölnerinnen motivieren, sich stärker als bisher einzumischen. Die taz stellt die InitiatorInnen der Stiftung vor

Gestern abend stellten Kölner und Kölnerinnen ihr Modell einer Bürgerstiftung vor. Bis zum Sommer soll nun diskutiert werden, wo Schwerpunkte und Ziele der Stiftung liegen sollen. Konsens ist, dass auf Nachhaltigkeit und Partizipation gerichtete Projekte gefördert werden. Beteiligen kann sich jeder gegen einen Mindestbeitrag von 500 Euro. ( www.buergerstiftung-koeln.de )

Dorothea Freese (50)

Dorothea Freese ist seit 2003 bei dem Verein KölnAgenda beschäftigt, der bereits seit 1998 versucht, mit diversen Projekten die nachhaltige Bürgerbeteiligung zu fördern. Freese findet, dass die Kölner Bürger und Bürgerinnen für soziales Engagement auch eigenes Kapital haben müssen. „Engagierte Bürger müssen eigenes Geld schaffen um Initiativen abzusichern“, ist die 50-Jährige überzeugt. Besonders gefördert werden sollten ihrer Meinung nach der Bereich Integration und die Beteiligung der Bürger an der Entwicklung der Stadt. Kleinere Initiativen, die sich für die Verbesserung der Lebensqualität in ihrem Stadtviertel einsetzen, könnten durch die Bürgerstiftung besonders gut unterstützt werden. Eine gut vorbereitete, unabhängige Organisation könne politisch viel bewirken, ist Freese sich sicher. Eine gebürtige Kölnerin sei sie bedauerlicherweise nicht, sagt sie. Sie stammt aus Minden in Westfalen, ist sich aber „nach vielen anderen Stationen“ sicher, mit Köln den Platz gefunden zu haben, an dem sie vorerst bleiben möchte.

Ulrich Gartzke (32)

Als Berater für Non-Profit-Unternehmen sieht Ulrich Gartzke jeden Tag, dass soziale Einrichtungen nicht mehr ausreichend in der Lage sind ihre Projekte zu finanzieren. Die Schlussfolgerung des 32-Jährigen: „Der einzelne Bürger ist jetzt gefordert“. Die Stadt Köln brauche eine „seriöse, gut organisierte Plattform für das Engagement der Bürger“, die ihr bisher gefehlt habe. Persönlich liegen ihm die Bereiche Jugend und Soziales besonders am Herzen. Außerdem wünscht Ulrich Gartzke sich, dass die Bürgerstiftung in der Generationenfrage tätig wird: „Alt und Jung dürfen nicht weiter auseinander driften“, sagt er. Seit 2002 lebt Gartzke in Köln.

Ulrich Drost (65)

Rechtsanwalt Ulrich Drost wird der Bürgerstiftung unter anderem in Rechtsfragen zur Seite stehen; er hat sich auf Stiftungsrecht spezialisiert. Drost hat die persönliche Überzeugung, dass die Stadt Köln eine Einrichtung braucht, die „neben dem vorhandenen staatlichen Engagement die Beteiligung der Bürger fördert“. Dafür müsse möglichst viel Geld gesammelt werden. Ein Verfahren zu finden, das „die Interessen der Menschen, die bei der Stiftung mitmachen, berücksichtigt“, ist für ihn entscheidend. Die Stiftung müsse „sorgsam klären, was wir wollen und was in Köln gebraucht wird.“ Dabei stehen Projekte, deren Förderbedarf häufig übesehen wird, für den 65-Jährigen im Vordergrund. Der ehemalige Stadtkämmerer von Solingen lebt seit mehreren Jahrzehnten mit Unterbrechungen in Köln.

Martin Rüttgers (35)

Politikwissenschaftler Martin Rüttgers beschäftigt sich schon seit Studienzeiten mit dem Thema Bürgerbeteiligung und -engagement und findet: „Es passt gut in unsere Zeit“. Mit der Bürgerstiftung könnten „besonders innovative Projekte gefördert werden, die sonst nie im Leben zu Stande kämen.“ Besondere Förderung verdienen seiner Ansicht nach vor allem Projekte auf Veedelsebene, wie etwa die Nachbarschaftshilfe. Kleineren Bürgerinitiativen müsse „das passende Werkzeug in die Hände gelegt werden“, um etwas Sinnvolles zu tun. Auch „Generationen übergreifende Projekte“, bei denen Senioren gemeinsam mit Jugendlichen etwas aufbauen, sind ihm sehr wichtig. Der gebürtige Trierer, der seit zehn Jahren in Köln lebt, fühlt sich „zunehmend als Kölner“.

Ludwig Arentz (55)

Ludwig Arentz, laut eigener Aussage „ne Kölsche Jung seit 55 Jahren“, wollte bei dem Projekt Bürgerstiftung „sofort dabei sein“. Neben seiner Beschäftigung beim Umweltamt sitzt Arentz als Schatzmeister im Vorstand von KölnAgenda. Er findet es vor allem „wichtig, dass eine Stadt wie Köln einen Fond besitzt, mit dem Bürger und Bürgerinnen, die gute Ideen für diese Stadt haben, gefördert werden“. Vor allem sollten diese Ideen „breit angelegt und facettenreich“ sein, sagt Arentz. Entscheidend ist für ihn vor allem das Zustandekommen von „Projekten, die die Kommunikation unter den Bürgern und Entscheidern in Köln fördern“.

Hans-Jürgen Schmidt (55)

Unternehmensberater Hans-Jürgen Schmidt trat über seine ehrenamtliche Tätigkeit bei der „Mülheimer Müllgruppe“ in Kontakt mit den anderen Initiatoren der Bürgerstiftung. Dass sich viele Kölner Bürger und Bürgerinnen bereits für die Stadt engagieren, will der 55-Jährige gar nicht bestreiten. Aber er meint, dass eine Organisation, „bei der jeder einzelne Bürger sich einbringen und stiften kann, noch einen Tick mehr bringt“. So könnten seiner Ansicht nach Projekte „wieder auf Vordermann gebracht werden“, die die Kommune nicht mehr finanzieren kann. Die Jugendhilfe würde er dabei besonders hervorheben, etwa „mit der Schaffung von Kindergärten und Spielplätzen“. In Bensberg aufgewachsen, lebt Hans-Jürgen Schmidt seit längerem in Köln-Mülheim.

Dorothee Averkamp (28)

Mit 28 Jahren ist Dorothee Averkamp die jüngste der InitiatorInnen der Bürgerstiftung. Die „Idee, dass die Bürger das Leben und die Gestaltung der Stadt selbst in die Hand nehmen“ hat die Projektassistentin einer Managementberatung inspiriert, sich zu beteiligen. Ihrer Ansicht nach sollte Stadtpolitik nicht allein den Politikern überlassen werden. Soziale Projekte, die flächendeckend in Köln arbeiten, findet Averkamp besonders wichtig. Der Bezug, den die Menschen hier zu ihrem Veedel hätten, sei zwar sehr schön, führe aber auch dazu, dass viele sich gar nicht mehr als Kölner fühlten. Dieses Gefühl der Nichtzugehörigkeit spürt Averkamp, die in Bickendorf im Westen der Stadt lebt, vor allem bei den Älteren.

Texte: Anne Wellmann

Fotos: privat