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Archiv-Artikel

Liebling, ich habe die Fraktion geschrumpft!

PROBLEMPARTEI Ein Drittel ihrer Abgeordneten hat die SPD-Fraktion im ohnehin vom Wechselfieber geschüttelten Delmenhorster Stadtrat eingebüßt. Das hat Folgen für die Mehrheitsverhältnisse

Jetzt ist schon wieder einer weg. Dieter Markowiak, bis dahin deren stellvertretender Vorsitzender, ist nicht mehr Mitglied der SPD im Delmenhorster Stadtrat. Er hat seinen Abschied mit dem Verhalten von Partei und Fraktion in der Swantje-Hartmann-Geschichte begründet.

So wie die meisten seiner Vorgänger: Seit 2006, da waren Kommunalwahlen, ist die Sozialdemokraten-Combo um ein Drittel geschrumpft, 13 Ratsleute zählt sie noch, sieben Abgänge hat’s gegeben. Und einen Zugang. „Natürlich“, sagt Fraktionsvorsitzende Susanne Mittag, „finden wir das schade“. Ob die SPD damit ihren Status als stärkste Fraktion verliert, sei jedoch nicht ausgemacht.

Tatsächlich haben die zuletzt Ausgetretenen sich noch nicht kollektiv der CDU angeschlossen – die derzeit 11 Sitze hat. Außerdem fordert der SPD-Unterbezirk die fraglichen Ratsmitglieder zur „Rückgabe ihrer Mandate“ auf. Zumal die Listenkandidaten doch „für die SPD gewählt“ seien, so Mittag.

Das Amt niederzulegen wäre „der Normalfall“, bestätigt der Göttinger Politologe Scott Gissendanner. Aber dass sich „ein hoher Grad des politischen Konfliktes innerhalb der SPD-Fraktion“ ausmachen lässt, macht den Verzicht unwahrscheinlich. Schließlich gibt’s dafür keine Verpflichtung: „Mandate sind an Personen vergeben“, so der Kommunalpolitik-Forscher, Fraktionswechsel folglich legal.

Das wissen die Delmenhorster längst. Denn dort herrscht ein regelrechtes Wechselfieber: Um vier auf sechs Köpfe gewachsen ist die Fraktion der Unabhängigen Delmenhorster, gespalten hat sich die FDP und der für die Linke Alternative Delmenhorst gewählte Ratsherr vertritt jetzt die Linkspartei. „Dass die Fraktionsstärke dem Wahlergebnis nicht entspricht, ist problematisch“, sagt Gissendanner. Ein Heilmittel wären Neuwahlen. Die gäbe es aber nur, wenn die Hälfte der Ratssitze plötzlich vakant wäre. Selbst auflösen darf das Verwaltungsorgan Stadtrat sich indes nicht: „Wir haben das geprüft“, so eine Sprecherin der Stadt. Ein dafür organisierter Massenverzicht von Ratsleuten, so hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht 2007 entschieden, wäre „rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam“. BENNO SCHIRRMEISTER