Deutschland, deine Dänen

Dänemark, das ist ein kleines Land an der Schwelle zur Weltherrschaft – oder wenigstens zur Herrschaft über Schleswig-Holstein. Aber wie buchstabiert man D.Ä.N.E.M.A.R.K. eigentlich?

von JAN FEDDERSEN
und ARNO FRANK

D wie … Dogma, die vom Regisseur Lars von Trier ausgerufene Form des Filmschaffens („Das Fest“). Hier soll die Wirklichkeit mit Hilfe einer billigen Wackelkamera aus der Hüfte eingefangen werden. Und Dünen, auf die Dänemark besonders stolz ist. Im Norden des Landes steht eine Wanderdüne unter Naturschutz, die deshalb, einer mobilen Mini-Sahara gleich, ganze Ortschaften verschlucken darf. Noch ist nicht bekannt, wann dieses gefräßige Monster Kurs auf Schleswig-Holstein nimmt.

Ä bzw. Æ wie … Æro – eine Ferieninsel in der Ostsee, wie wir sie lieben. Viel Sand, viele Pølser (Würstchen), viele Blockhütten mit Kaminen. Was die Gäste an dänischen Küsten nicht wissen: An Ausländern (sprich auch: Touristen) mag man deren Geld am liebsten – weil man sich selbst für die Größten hält. Man will unter sich bleiben, was Amerikaner auf Besuch irritiert-gruselnd ausrufen lässt, es handele sich um das ethnisch homogenste, blondeste Land der Welt.

N wie … Nationalbewusstsein, mit dem die Dänen in besonderem Maße gesegnet sind. Soll ja, sagt man, im Mittelalter mal eine Großmacht gewesen sein. Davon ist, wenn auch eingeschränkt, nur noch Grönland übrig. Und ein Nationalismus, der vom naiven Spaß euphorischer Fußballfreunde schnell mal kippen kann: in die restriktive Einwanderungspolitik der Regierung Anders Fogh Rasmussen.

E wie … Essen, das in der Regel deftig und fettig ausfällt, von den Dänen selbst freilich in höchsten Tönen gelobt wird, weil man es mit „snaps“ („Schnaps“) bekömmlich getrunken kriegt. Manchmal ein Lob in zu hohen Tönen, wenn etwa steif und fest behauptet wird, „Pasta“ (sprich: pesta) sei natürlich ein urdänisches Wort. Und E wie Export natürlich, der mit Akvavit anfängt, über getrocknete Zwiebeln und den „Urschuh“ („danske loppen“, nur echt mit der im Sommer wegschmelzenden Kautschuk-Sohle) bis zum Philosophen Sören Kierkegaard und zum Märchenonkel Peter-Harry, pardon, Hanns-Christian Andersen führt. Leider erfreut sich die einst stolze Porno-Industrie nur noch unter Liebhabern des Genres einer gewissen Beachtung.

M wie … Musik und Männer, also wie die Olsen-Brüder und Gitte, wie Thomas Gravesen und Peter Schmeichel. Sie alle in deutschen Landen gern gesehen – weil sehr schlagernah und „hyggelig“ (kernig-gemütlich). Einerseits. Andererseits sind die kickenden Herren des Landes bekannt für ihre schlagkräftigen Argumente bei persönlichem Hader. Kampfhunden gleich, über deren Lächeln nach Abpfiff man sich keine Illusionen machen darf, gelten sie gleichzeitig als die größten Komatrinker des Kontinents.

A wie … Arroganz. Was hierzulande als Liberalität und Toleranz wahrgenommen wird (Pornografie, Drogenszene, Christiania), ist in Wirklichkeit ein Ausdruck von Hochmut. Dänen sehen sich selbst als die Besten der Welt, vor allem besser als die Deutschen. Kaufmännisch gesehen gelten sie als kleinlich und unzuverlässig – aber im Falle einer Kritik wissen sie sich immer mit niedlichem dänischem Akzent aus der Affäre zu ziehen: Schlitzohren ohne Scham und Schuld.

R wie … Roskilde. Für die Dänen ist dieses Örtchen unweit der Hauptstadt Kopenhagen, ganz klar, Ort der Grablege dänischer Könige. Ein nationales Heiligtum, das alljährlich von Horden ausländischer Touristen mit Füßen getreten wird – dann nämlich, wenn auf den Äckern rings um Rosklide das gleichnamige Rockfestival stattfindet. Es ist eines der größten seiner Art und Dänemarks stärkster kultureller Magnet.

K wie … Kopenhagen, die hübsche Stadt wie aus der Legokiste, wo auch Dronning („Königin“) Margrethe lebt, ketterauchendes Haupt der Monarchie und wohl inzwischen einzige liberale Institution des Landes. Im Zweifelsfall ist sie es, die der nationalistisch-konservativen Regierung weitere Restriktionen gegen Ausländer ausredet: mit monarchisch-leutseliger Obstruktion.