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Schlechtes Klima vor Gericht

Drei Aktivisten von Robin Wood stehen wegen Hausfriedensbruch vor Gericht. Sie hatten am Funkturm während der ITB ein Transparent gegen Klimaschäden durch Flugverkehr enthüllt

VON ANNE BECKER

Wer als UmweltaktivistIn in die Schlagzeilen kommen will, braucht einen möglichst spektakulären Auftritt. Das wissen auch die sportlichen Umweltschützer von Robin Wood. Aktionen am Rande der Legalität nehmen sie dafür in Kauf. Juristische Nachspiele gab es für Robin Wood-Aktivisten bisher lediglich im Fall von Castor-Blockaden. Nun drohen erstmalig drei Mitgliedern wegen einer anderen Aktion Geldstrafen: Sie waren am 12. März 2004 während der Internationalen Tourismusbörse (ITB) am Funkturm hochgeklettert und hatten in zehn Meter Höhe ein Transparent mit der Aufschrift „Fliegen killt Klima“ angebracht. Gestern begann der Prozess vor dem Amtsgericht.

Die Staatsanwaltschaft wirft den drei Männern Hausfriedensbruch vor. Zur Überraschung der Angeklagten und ihres Verteidigers beantragte die Richterin nach einer Stunde aber die Vertagung des Prozesses. Sie hatte versucht, ein weiteres Verfahren gegen einen der Aktivisten mit zu verhandeln. Dagegen hatte der Anwalt empört Einspruch erhoben, „da das eine mit dem anderen nichts zu tun hat und es noch nicht einmal eine Anklage gibt“.

Anlass für die Aktion am Funkturm waren laut den Angeklagten neue Untersuchungen im Auftrag der EU-Kommission gewesen. Sie war zu dem Ergebnis gekommen, dass der Flugverkehr um ein Dreifaches schädlicher ist als bisher angenommen – statt 3,5 Prozent mache er 9 Prozent am Treibhauseffekt aus. „Uns geht es darum, die Leute aufzurütteln, damit sie zweimal überlegen, ob ein Kurztrip mit dem Flieger nach Rom wirklich sein muss“, erklärte einer der Aktivisten nach dem Prozess. „Dafür war die ITB eine hervorragende Gelegenheit.“

Ute Bertrand, Pressesprecherin von Robin Wood, kritisierte die strafgerichtliche Verfolgung von Umweltaktivismus. „Unsere Aktionen liegen auf der Ebene der politischen Auseinandersetzung. Strafgerichtliches Vorgehen setzt eine kriminelle Handlung voraus.“ Im Fall der Funkturmbesteigung hätte es sich hingegen um eine ungefährliche Aktion gehandelt, bei der niemand Schaden genommen hätte. „Wir haben ein kommunikatives Anliegen“, sagte sie weiter. Bisher hätten sie auch die Erfahrung gemacht, dass ihr Anliegen erkannt würde, so Bertrand.

Genau dies war auch die Erfahrung mit der Funkturm-Aktion: In ihrem Pressedienst hatte die Tourismusbörse positiv auf die Aktion reagiert. Der Pressesprecher der Messe, Peter Köppen, erklärte, solche Aktionen schadeten der Messe nicht. Schließlich seien auf der ITB auch Umweltorganisationen vertreten. „Mit einer Strafanzeige müssen die Umweltaktivisten nicht rechnen“, hieß es wörtlich. Anzeige erstattete letztlich der Sicherheitsstab des Berliner Wahrzeichens. Der nächste Prozesstermin steht noch nicht fest.

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