: Erpressungsversuch abgewehrt
ARBEITSKAMPF Haustarifkonflikt bei der Wäscherei Berendsen mit Teilerfolg für Belegschaft beigelegt
Uwe Zabel, IG Metall
Der Tarif- und Arbeitskonflikt bei der Glückstädter Großwäscherei Berendsen ist mit einem Teilerfolg für die Belegschaft beendet worden. Das Gros der Lohnverzichtsforderungen der dänisch-britischen Konzernleitung konnte von den 130 Beschäftigten durch Arbeitskampfmaßnahmen abgewehrt werden – die Konzernchefs hatten mit der Schließung des Werkes gedroht. Nun gibt es eine Standortgarantie bis 2014. Die Belegschaft stimmte dem Ergebnis gestern in einer Urabstimmung mit 94,2 Prozent zu.
Es war ein Frontalangriff auf die sozialen Grundfesten der Beschäftigten und ihrer Familien. Dafür, dass sich der Reinigungsbetrieb für Krankenhauswäsche und Klinik-Utensilien überhaupt an einer neuen europaweiten Ausschreibung der Unikliniken Lübeck und Kiel bewirbt, verlangten die Berendsen-Chefs eine Vorleistung von 400.000 Euro. Diese sollte durch Streichung von Weihnachts- und Urlaubsgeld und Zulagen sowie 1,5 Stunden unbezahlter Mehrarbeit pro Woche erbracht werden. Das hätte für jeden Mitarbeiter bei einem Gehalt von 1.600 Euro einen Brutto-Betrag von 400 Euro pro Monat bedeutet.
Der tarifgebundene Konzern begründete die Forderung damit, dass Konkurrenten kostengünstiger anbieten könnten, da für Mitarbeiter Dumpinglöhne von nur drei bis vier Euro gezahlt würden. Die Belegschaft bewertete den Vorstoß als „Erpressung“. Der Konflikt eskalierte Ende voriger Woche, als der Konzern mit der Betriebsschließung drohte. Die Wäscherinnen legten Freitag die Arbeit nieder und besetzten am Samstag den Betrieb, während IG Metall und Konzernleitung über einen Sozialtarifvertrag mit hohen Abfindungen verhandelten. Im Verlauf des Arbeitskampfes nahmen die Berendsen-Chefs ihr Ansinnen weitgehend zurück.
Eine Kröte musste die IG Metall jedoch schlucken, die sie aus dem Erbe der Gewerkschaft Textil und Bekleidung (GTB) übernommen hat. Aus diesen Zeiten gibt es noch einen GTB-Tarifvertrag, der vorsieht, dass Firmen in Krisensituationen die Arbeitszeit unbezahlt um 1,5 Stunden ausweiten können.
Im Gegenzug zur Erbschaftsverpflichtung werden aktuell auf der Basis des IG Metall-Flächentarifvertrages betriebsbedingte Kündigungen bis September 2014 ausgeschlossen, ebenso ist tarifvertraglich ein Verlagerungsverbot von Aufträgen vereinbart worden. Überdies verpflichtet sich der Konzern zu Investitionen am Standort Glückstadt, wenn der Uniklinik-Auftrag an Land gezogen wird. „Ein Erfolg der Solidarität und Vernunft“, wertet IG Metall-Verhandlungsführer Uwe Zabel, das Ergebnis. Das Beispiel zeige, so Zabel, dass sich Beschäftigte „auch in der Krise aktiv gegen alle Versuche der Profitmaximierung wehren müssen und auch können, wenn alle zusammenhalten“. KAI VON APPEN