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Archiv-Artikel

Wolfsburg droht Kraft-durch-Freude

NAZIMUSEUM NPD-Vize Jürgen Rieger kündigt ein „Kraft-durch-Freude-Museum“ in der unter den Nazis gegründeten Autostadt Wolfsburg an. Für die Ausstellung wolle er einen seiner Wehrmachtswagen stiften

Autostadt Wolfsburg

Das heutige Wolfsburg wurde 1938 als „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ gegründet. Der „KdF-Wagen“ wurde später unter dem Namen „Käfer“ bekannt.

■ Im Zweiten Weltkrieg diente die Autofabrik der Rüstungsproduktion, aus Wolfsburg kamen etwa die „Kübelwagen“ der Wehrmacht und die „Flügelbomben“, die auf London und Antwerpen fielen.

■ Für die Produktion wurden Zwangsarbeiter eingesetzt, die im KZ „Arbeitsdorf“ bei Fallersleben interniert waren.

■ 1945 wurde die „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ in „Wolfsburg“ umbenannt. Bis heute befindet sich in Wolfsburg die Konzernzentrale von VW.

VON ANDREAS SPEIT

Eine Initiative um den NPD-Bundesvize Jürgen Rieger hat die Eröffnung eines „Kraft durch Freude Museums“ in Wolfsburg angekündigt. „Weitergeben +++ nicht veröffentlichen“ steht auf einer Einladung, die in der rechten Szene kursiert. Die Einladung ist mit Hakenkreuzen verziert. Als Eröffnungsdatum für das Museum ist der 4. Juli angegeben.

Rieger und seine Mitstreiter haben wohlwollend in Erinnerung, dass das VW-Werk in Wolfsburg 1938 von den Nationalsozialisten gegründet wurde. Bis 1945 hieß die Stadt offiziell „Stadt des KdF-Wagens“, wobei KdF für die nationalsozialistische Freizeit-Organisation „Kraft durch Freude“ stand. Im Museum, heißt es in der Einladung, könnten Besucher „die revolutionäre Aufbauarbeit der deutschen Arbeitsfront des dritten Reiches“ erfahren. „Von der Idee und Kraft zeugt noch heute das Volkswagenwerk in Wolfsburg.“

Zum Ort des Geschehens haben die Neonazis eine alte Lagerhalle erkoren, die in der Heinrich-Nordhoff-Straße gegenüber dem VW-Stammwerk liegt. Rieger hat gegenüber der Braunschweiger Zeitung bestätigt, die Räume angemietet zu haben. Der vermeintliche Vermieter, Inhaber eines Möbelgeschäfts im selben Haus, möchte sich zu einem Mietverhältnis nicht äußern.

Gegenüber einer Reporterin des Internetportals Blick nach rechts verwies er jedoch darauf, dass der Gebäudekomplex zum Verkauf stehe – was die beauftragte Immobilienagentur Engel & Völkers bestätigt. „Wir sind in Verhandlungen mit einigen seriösen Unternehmen, aber nicht mit der NPD“, hießt es aus der Hamburger Zentrale. Zu einem eventuellen Mietverhältnis zwischen dem Noch-Eigentümer und der NPD-Initiative könne man nichts sagen.

Während der niedersächsische Verfassungsschutz sich bis gestern vorstellen konnte, dass es sich bei der Ankündigung der Museumsgründung „lediglich um eine Provokation“ handele, kündigte Wolfsburgs Oberbürgermeister Rolf Schnellecke (CDU) an, „alle rechtsstaatlichen Mittel“ einzusetzen, um das Museum zu verhindern. Wolfsburg dürfe kein „Schauplatz von rechtsextremen Aktivitäten sein und schon gar nicht die unseligenZeiten der Vergangenheit verherrlichen“.

Das künftige Museum soll der Initiative um Rieger zufolge einen separaten Kinosaal mit 50 Plätzen aufweisen, in dem Filme über die „Gründung der KdF-Stadt“ gezeigt werden. Zudem soll eine Ausstellung mit alten VW-Militärfahrzeugen präsentiert werden. Ein erstes Ausstellungsexponat soll Rieger angeboten haben: einen alten Kübelwagen. Der NPD-Funktionär sammelt alte Wehrmachtsfahrzeuge.

Die Vereinsgründung sei eine „bewusste Provokation“ des VW-Konzerns, erklärte Riegers Mitstreiter Thomas Wulff, NPD-Bundesvorstandsmitglied und Kameradschafts-Führer. Seit Jahren stört die Neonazi-Szene, dass der Konzern versucht, seine NS-Geschichte aufzuarbeiten.

Der VW-Konzern versuchte gestern, den Ball flach zu halten. „Wir distanzieren uns von diesen Ideen“, sagt Unternehmenssprecher Stefan Ohletz. Mehr wolle er dazu nicht sagen.