Grobe Fälschungen

Opposition und OSZE beklagen massive Wahlfälschungen in Tadschikistan. Boykott des Parlaments angedroht

DUSCHANBE taz ■ Während der Pressekonferenz der tadschikischen Wahlkommission zu den vorläufigen Ergebnissen kam es zum Eklat. Der Vorsitzende der kommunistischen Partei Tadschikistans, Schodir Schabdulow, verlas eine Erklärung aller Oppositionsparteien, die mit dem Boykott des Parlaments droht, sollte in den vier Wahlkreisen der Hauptstadt Duschanbe nicht neu gewählt werden.

„Wir werden unsere Parlamentssitze nicht einnehmen“, donnerte der bullige Funktionär in den bis auf den letzten Platz gefüllten Raum. Sollten Wahlfälschungen auch in anderen Wahlkreise nachzuweisen sein, würde auch deren Neuwahl gefordert, sagte Schabdulow. Zuvor hatte der Vorsitzende der Wahlkommission in Tadschikistan eine 88-prozentige Wahlbeteiligung verkündet und vorläufig bekannt gegeben, dass die Partei des Präsidenten, die Volksdemokratische Partei, ca. 80 Prozent der 22 Listenplätze im Parlament erhalten und fast alle 41 Wahlkreise gewonnen habe. Nur der kommunistischen und islamischen Partei sei es gelungen, die 5-Prozent-Hürde zu überwinden.

Am frühen Morgen hatten schon der Stellvertreter der islamischen Partei, Muchidin Kaberi, und der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Rachmatulloh Soiirow, über ausufernde Wahlfälschungen geklagt. Gestützt werden die Vorwürfe von der harschen Beurteilung der OSZE-Wahlbeobachter. Deren Vorsitzender Peter Eicher zeigte sich tief enttäuscht von dem Wahlgang. „Wir haben direkte Fälschungen bei der Stimmauszählung feststellen müssen“, sagte der amerikanische Diplomat, den vorliegenden Wahlergebnisse könnte kein Vertrauen entgegengebracht werden.

Die Empörung über die Wahlfälschungen ist derartig groß, dass die sonst dem Präsidenten freundlich gesinnte kommunistische Partei, die im vorherigen Parlament immer brav mit der Partei des Präsidenten gestimmt hat, ein Bündnis mit der islamischen Partei eingeht. Sollte die Wahlkommission nicht nachgeben, schließt der Kommunistenchef auch Demonstrationen nicht aus. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei erklärt, dass alle Mitglieder der Opposition von allen staatlichen Positionen zurücktreten würden, sollte die Wahlkommission Neuwahlen verweigern. „Wenn die Partei des Präsidenten meint, Tadschikistan gehört ihr alleine, dann soll sie es auch ganz alleine regieren“, sagte der Soiirow.

Den Chef der Wahlbeobachter der GUS, Wladimir Ruschailow, ficht diese Proteststürme nicht an. Für ihn erfüllte die Parlamentswahl in Tadschikistan alle demokratischen Normen. Wladimir Ruschailow hatte im letzten Jahr auch den Wahlen in Weißrussland und Usbekistan eine ebensolches gutes Zeugnis ausgestellt. MARCUS BENSMANN