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Archiv-Artikel

Gebühr schreckt doch ab

Halbierung bei Vorschulanmeldungen in sozialen Brennpunkten. Schule An den Teichwiesen in Volksdorf behält nach Elternprotesten Vorschulklasse

Von Kaija Kutter

Die Debatte um Vorschulgebühren schien vor einigen Tagen auf den Kopf gestellt. Trotz der angekündigten Gebühr zwischen 15 und 192 Euro pro Kind waren die Plätze an manchen Schulen schon am ersten Tag der Anmeldefrist vergeben. „Die Eltern zahlen das gerne“, frohlockte Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos). Und als in Volksdorf Eltern auf die Barrikaden gingen, weil die Schule An den Teichwiesen keine Vorschulklasse bekommen soll, meldete ihr Sprecher Thomas John: „Das Angebot wird von den Eltern sehr gut angenommen.“

Doch inzwischen bemerken Schulleiter in sozial schwachen Gebieten gehäuft, dass die Gebühr Eltern eben doch abschreckt. „Wir hatten hier immer weit über 40 Anmeldungen“, berichtet beispielsweise Michael Rieger von der Schule Chemnitzstraße, „in diesem Jahr sind es nur 18 oder 19 Kinder.“

Rieger hat die Untersuchung der Viereinhalbjährigen bereits abgeschlossen und weiß daher, dass alle Kinder in seinem Einzugsgebiet zumindest in eine Kita gehen. Doch der Wechsel von dort zur Vorschule, die die Kinder in der Regel besser auf die Schule vorbereitet, scheine den meisten Eltern nun, nachdem diese kostenpflichtig wurde, „nicht mehr attraktiv“.

Noch dramatischer sind die Auswirkungen an der Harburger Schule Grumbrechtstraße im sozialen Brennpunkt Heimfeld. „Wir haben weniger als die Hälfte der Kinder vom Vorjahr“, berichtet Schulleiter Rainer Kühlke. Statt 48 in 2004 werden in diesem Jahr nur 20 Kinder die Vorschule besuchen.

Auch Kühlke hat bereits alle viereinhalbjährigen Kinder zur Untersuchung dagehabt. Seine Erkenntnis: „Die Eltern, die ihr Kind nicht in die Kita geben, weil sie zu teuer ist, schicken ihr Kind jetzt auch nicht mehr in die Vorschule.“ Dadurch blieben gerade jene, die es „am dringendsten nötig haben“, ein Jahr länger zu Hause. Was Kühlke zudem ratlos macht: Auch Kindern mit Sprachförderbedarf kann er jetzt keine kostenlose Bildung mehr bieten.

Einen „deutlichen Rückgang“ der Anmeldezahlen verzeichnet auch die Schule Röthmoorweg im Brennpunkt Schnelsen-Süd. „Sonst hatten wir immer 24, 25 Kinder. In diesem Jahr sind es nur 13“, berichtet Schulleiter Nico Struß. An den in Einzelhausgegenden gelegenen Nachbarschulen sei dieser Rückgang hingegen „nicht zu verzeichnen“. Auch an der Gesamtschule Wilhelmsburg kommt nur noch eine Vorschulklasse (VSK) zu Stande. Allerdings hofft Leiterin Dörte von Wolffradt, dass sich diese zweite Klasse bis zu den Sommerferien durch Nachmeldungen noch füllt. „Das Problem ist“, so von Wolffradt, „dass die Eltern noch immer nicht wissen, wie viel sie zahlen sollen.“

Fatal wäre, wenn sich ihr Optimismus nicht bewahrheitet. Denn insgesamt wurde die Zahl der einzurichtenden Vorschulklassen bekanntlich von 280 auf 250 reduziert. Jede Klasse, die in einem sozial schwachen Gebiet nicht zustande kommt, könnte dann helfen, die boomende Nachfrage in einem wohlhabenderen Viertel zu befrieden. So vermeldete die Schule An den Teichwiesen in Volksdorf gestern, dass sie ihre Vorschulklasse doch bekommt.