: Unsicherheit im Frauenhaus
Die Querelen um das Zweite Frauenhaus gehen weiter. Die Finanzierung ist nur bis Ende des Monats gesichert. Initiativen von Mitarbeiterinnen stoßen in der Frauenverwaltung nicht auf Resonanz
VON WALTRAUD SCHWAB
Das Zweite Frauenhaus steht vor dem Aus. Nur noch bis Ende dieses Monats ist die Finanzierung gesichert. Dann läuft der Zuwendungsbescheid des Senats aus. Es kann gut sein, dass er noch um weitere drei Monate verlängert wird, sicher aber ist: Nachhaltige Kriseninterventionsarbeit für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen kann unter solchen Bedingungen kaum gemacht werden.
Hinhalten, kürzen und verzögern – es drängt sich der Eindruck auf, dass dies die Taktik des Senats für Wirtschaft, Arbeit und Frauen ist, wenn es um die seit 25 Jahren bestehende, älteste Einrichtung ihrer Art in Berlin geht. Eine, die maßgeblich daran beteiligt war, dass das Thema häusliche Gewalt ins gesellschaftliche Bewusstsein gedrungen ist. „Jetzt will man das Haus platt machen“, meint Sibyll Klotz, die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. „Kürzungen im Antigewaltbereich sind politisch verantwortungslos.“ Derzeit gibt es in der Stadt insgesamt 292 Frauenhausplätze an sechs Standorten.
Hintergrund der Querelen: Im Haushalt für 2005 wurde die Zuwendung fürs Zweite Frauenhaus um 70.000 Euro gekürzt und eine Reduzierung um 22 der insgesamt 60 Plätze für von Gewalt betroffene Frauen beschlossen. Die abgebauten Plätze sollen durch 11 noch zu schaffende Plätze in Zufluchtswohnungen ersetzt werden. Aus Sicht der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen ist dies ein kostengünstiges Nullsummenspiel: 11 Zufluchtswohnungsplätze würden die 22 Frauenhausplätze aufwiegen, weil bei Ersterem Kinder zwar mitwohnen können, aber nicht über Platzpauschalen finanziert werden. Eine weitere Auflage: Das Haus soll in ein mietfreies, kleineres Objekt umziehen.
Ende Februar sollte ein Plan vorgelegt werden, wie diese Umwandlungen vonstatten gehen sollen. Susanne Ahlers, zuständige Staatssekretärin des Fauensenators Harald Wolf (PDS), berichtet, dass darin allerdings nur der Stand der Ausweichquartiersuche aufgeführt werde – in die die Verantwortlichen vom Zweiten Frauenhaus nicht einbezogen sind. Es gebe ein Gebäude der Caritas und eines in Landesbesitz, die geeignet seien. Bei Ersterem wäre ein Trägerwechsel inbegriffen. Dass ein solcher überhaupt noch geprüft wird, ist unverständlich: Es gibt einen Beschluss des Frauenausschusses im Abgeordnetenhaus, demzufolge ein Wechsel in konfessionelle Trägerschaft nicht gewünscht ist. Bei der zweiten Option gibt es noch weitere Probleme bezüglich der Nachnutzung. Ohnehin würde die Senatsverwaltung lediglich einen Mietvertrag über maximal fünf Jahre abschließen.
Die Liste der Ungereimtheiten ist aber noch länger. Bereits im Dezember hat die Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) in einem Brief an Sibyll Klotz Vorschläge aufgezeigt, wie der derzeitige Standort für das Frauenhaus erhalten werden könnte und wie das Gebäude saniert werden kann. Ahlers wiegelt ab: Das Objekt sei von den Betriebskosten her gesehen zu teuer und vom Umfang zu groß für das verkleinerte Frauenhaus.
Die ganze Vorgehensweise empört die Frauen, die in den Kriseneinrichtungen arbeiten. „Wenn die Politiker und Politikerinnen sagen, dass Frauen Gewalt von Männern nicht dulden sollen, wenn sie sagen, dass Frauen nicht zulassen sollen, dass sie zwangsverheiratet werden, dann muss es Ansprechpartnerinnen und Anlaufstellen geben für sie“, sagt Luise Baramia vom Interkulturellen Frauenhaus und fügt hinzu: „Es muss Orte geben, wo die von Gewalt betroffenen Frauen hingehen können. Die Politik muss sich zum Schutz der Frauen bekennen. Im Antigewaltbereich sind Kürzungen in der gegebenen Situation nicht opportun.“ Sie formuliert damit, was eigentlich jedem klar sein müsste.
Dass durch die Vorgehensweise des Senats ständig Zufluchtswohnungen gegen Frauenhäuser ausgespielt werden, monieren die Frauen ebenfalls. „Zufluchtswohnungen ersetzen Frauenhäuser nicht, weil sie nicht so niedrigschwellig und rund um die Uhr erreichbar sind. Beide Einrichtungen werden gebraucht“, sagt Karin Wieners vom Vierten Autonomen Frauenhaus.