Kultusminister fallen durch

BERLIN taz ■ Die Untergebenen murren: In einer Umfrage des Deutschen Hochschulverbandes (DHV) haben Wissenschaftler ihren Obrigkeiten in Landes- und Bundesministerium schlechte Zeugnisse ausgestellt. Die Mehrzahl der benoteten Kultusminister erhielt auf der Schulnotenskala nicht einmal eine glatte Vier. Nach gängigen Prüfungsmaßstäben wären sie durchgefallen.

An der ersten Umfrage ihrer berufsständischen Vertretung, die am Montag veröffentlicht wurde, beteiligten sich rund 8.000 der 20.000 DHV-Mitglieder. Sie konnten per Internet Schulnoten erteilen und Kommentare abgeben. Am besten schneidet der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Jürgen Zöllner ab. Mit der wenig glanzvollen Bestnote 3,4 führt er die SPD-dominierte Spitzengruppe an. Die sächsische Wissenschaftsministerin und Parteifreundin Barbara Ludwig kommt mit einer Drei minus auf Platz zwei, gefolgt vom Bremer Sozialdemokraten Willi Lemke. Bundesministerin Edelgard Bulmahn kann sich dagegen mit einer Vier minus nur auf dem vorletzten Platz behaupten.

Den letzten Rang teilen sich, brüderlich und über ideologische Gräben hinweg, der Berliner PDS-Senator Thomas Flierl und sein saarländischer CDU-Kollege Jürgen Schreier, die beide mit 4,7 abschnitten. Als streng wissenschaftliche Studie kann die Umfrage zwar nicht gelten. Ein Sprecher des Deutschen Hochschulverbandes sagt, das Ranking sei eher als Stimmungsbarometer zu interpretieren: „Wir sind aber überrascht, wie hochkritisch das Ergebnis ist.“ Der Deutsche Hochschulverband fungiert auch als Berufungsgremium für den wissenschaftlichen Nachwuchs und ist für seine konservative Status-quo-Politik bekannt.

Er verteidigt die Privilegien der Eminenzen und Exzellenzen, zum Beispiel den Beamtenstatus und die Mehrheit in den Hochschulgremien. Im Januar forderte der DHV gar den Rücktritt von Bildungsministerin Bulmahn. Die SPD-Fachfrau hatte sich allzu frech an Selbstverständlichkeiten vergriffen und etwa ein Modell der leistungsorientierten Besoldung entwickelt. „Die Reform der Professorenbesoldung ist großer Unfug!“, lautet denn auch ein ergänzender Kommentar. „Kürzen, streichen, kaputtmachen“, ist der Tenor der Bemerkungen, die die Wissenschaftler den Noten hinzufügen.

Vor dem Hintergrund allgemeiner Kürzungen nimmt es nicht wunder, dass es der Rheinland-Pfälzer Zöllner auf den ersten Platz geschafft hat. Das rheinland-pfälzische Parlament beschloss im Mai letzten Jahres ein Sonderprogramm für die elf Hochschulen des Landes. Zöllner kann bis zum Jahre 2009 jährlich 25 Millionen zusätzliche Euros ausgeben. Mit einem Hochschuletat von 525 Millionen Euro führt Zöllner das bestausgestattete bundesdeutsche Wissenschaftsministerium. Im Hause von Wissenschaftssenator Thomas Flierl, der im ärmsten Bundesland Berlin residiert, trägt man die Kunde vom schlechten Abschneiden hingegen mit Fassung: „Wir haben nichts anderes erwartet“, sagt Flierl-Sprecherin Brigitte Reich im Namen des Senators. „Einer, der kürzen muss, ist nie beliebt.“

Berlin ist nach einer Haushaltsklage der grün-schwarzen Opposition vom Verfassungsgericht zum Sparen verdonnert worden. Flierl musste im Jahre 2003 rund 75 Millionen Euro aus seinem Etat streichen. Wochenlange Studentenproteste und die Schließung ganzer Fakultäten waren die Folge. ANNA LEHMANN