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Archiv-Artikel

Kassen verdienen sich gesund

Krankenkassen erwirtschaften vier Milliarden Euro Überschuss. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt fordert Beitragssenkungen noch in diesem Jahr. Kassen zögern. Entscheidung frühestens im April

BERLIN afp/dpa/ap ■ Nach einem deutlichen Überschuss der gesetzlichen Krankenkassen im vergangenen Jahr hat Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) eindringlich zu Beitragssenkungen aufgerufen. Die Kassen erzielten 2004 Überschüsse von rund 4 Milliarden Euro, wie das Ministerium gestern mitteilte. Sie seien jetzt in der Pflicht, „alle Spielräume für Beitragssenkungen zu nutzen und diese Entlastung nicht auf die lange Bank zu schieben“, erklärte Schmidt. Sie wertete die hohen Überschüsse als Erfolg der Gesundheitsreform. Auch SPD-Chef Franz Müntefering forderte Beitragssenkungen. „Die, die können, müssen einen Teil der 4 Milliarden Euro einsetzen, um Beiträge zu senken“, sagte er. Die Politik könne die Kassen aber nicht zu Beitragssenkungen zwingen. „Wir können in Maßen Einfluss nehmen, aber nicht auf die Beitragshöhe“, sagte Müntefering gestern in Mainz.

Die Krankenkassen hatten im Jahr 2003 noch ein Defizit von 3,5 Milliarden Euro verzeichnet. Der jetzige Überschuss von 4,022 Milliarden sei deutlich höher, als die Kassen bisher prognostiziert hätten, betonte Schmidt. Bis vor kurzem sei ein Plus von höchstens 3 Milliarden erwartet worden. Die Kassen müssten die Beiträge nach diesen Zahlen mindestens im Durchschnitt um 0,2 Prozent absenken, sagte Schmidt. Der frühere Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) sagte dem Münchner Merkur, der Spielraum für Senkungen sei da.

Die positive Entwicklung bei den Kassen führte Schmidt auf die Gesundheitsreform zurück. Die Reform entfalte Schritt für Schritt ihre Wirkung. Die Gesundheitspolitiker der Union, Andreas Storm und Annette Widmann-Mauz (beide CDU), erklärten, trotz der Überschüsse bestehe kein Grund zur Euphorie. Eine flächendeckende Entlastung der Beitragszahler stehe wegen anhaltend hoher Arbeitslosigkeit und neuer Ausgabenrisiken in den Sternen.

Die Krankenkassen vermieden zunächst konkrete Zusagen zu Beitragssenkungen. Sie wollen zunächst die weitere Entwicklung in den kommenden Wochen abwarten. Wenn das Ergebnis trage, „dann werden die Beiträge da gesenkt, wo das möglich ist“, sagte der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Hans Jürgen Ahrens. Dies wüssten die Kassen Mitte des Jahres. Ein AOK-Sprecher betonte, Senkungen seien wahrscheinlich. Es sei aber noch nicht absehbar, in welchem Umfang und in welchen Regionen dies geschehe. Als einzige bundesweit tätige Kasse stellte lediglich die DAK in Aussicht, die Beiträge zum 1. Juli senken zu wollen. DAK-Sprecher Frank Meiners sagte, eine Beitragssenkung zum 1. Juli sei „wahrscheinlich. Über die Höhe wird im April entschieden.“