schurians runde welten : Die Banalität der Brutalen
„Er ist eine tragende Säule in unserem Spiel, für die Mannschaft ist er ungemein wichtig, so einen Spieler lässt man ungern ziehen.“ (Hans-Hermann Schwick, Bielefeld)
Daniel van Buyten ist Spielführer des Hamburger Sportvereins und einer dieser riesenwüchsigen Fußballspieler, die nun auch dem Fußball sein egalitäres Grundprinzip zu rauben scheinen – bislang konnte es auch ein halber Meter zu etwas bringen, so er nur behände dribbelte oder über einen strammen Schuss verfügte. Doch trotz seiner angesagten Körpermaße muss sich auch van Buyten einiges gefallen lassen.
Nach einer Niederlage in Berlin wurde er ins Aktuelle Sportstudio zitiert, klemmte sich dort zwischen Barhocker und Stehtisch, versuchte Gegentore zu erklären und dann zeigte ihm ZDF-Studiomoderator Rudi Cerne plötzlich schwarzweiße Filmaufnahmen: Ein Boxring, ein Muskelmann stürzt sich mit Anlauf auf einen anderen, klettert auf die Seile, springt dem anderen in die Weichteile, macht ihn alle.
Nach dem verstaubten Einspieler lächelte van Buyten verlegen. Und Cerne verriet: „Das ist ihr Vater, damals auf dem Heiliggeistfeld, wollten sie eigentlich auch in den Ring?“. Der einstige Eiskunstläufer aus Herne ignorierte einfach, dass der Sohn des Kirmeskloppers nichts dazu sagen wollte, dass sich van Buyten wohl fragte, warum es keine anderen, weniger wüsten Aufnahmen vom Vater gibt. Und ich fragte mich, wie geht es eigentlich Cernes Tochter, wenn sie TV-Bilder vom Vater in frivolen Schlittschuhkostümen sieht?
Vielleicht ist van Buyten also Fußballer geworden, weil es seine Kinder mal besser haben sollen? Vielleicht spielen jetzt einfach nur deshalb so viele großrahmige Bullewatze im Ligabetrieb, statt sich in der Stadthalle auf die Fresse zu hauen, weil der Fußball harmlosere, Nachwuchs kompatiblere Bilder absondert? Oder auch: Wir haben uns durch die unentwegte Wiederholung der immer gleichen Szenen längst an böse Bilder gewohnt. Nehmen die Kopfstöße des Fußballs, die Blutgrätschen, Rudelbildungen, Bänderrisse nicht mehr wahr – die Banalität des Brutalen.
Und so gesehen, kann ich froh sein, dass ich in meiner Jugendmannschaft einen Trainer hatte, dem wenig an meinem Fortkommen gelegen war. Der Mann hieß Turski, förderte lieber den rackernden Sven Bimber oder seinen Sohn in der B-Jugend. Ich hatte wenig zu lachen. Meine Mutter schickte mir die Tage ein Mannschaftsfoto der D1 des Sportvereins Harleshausen. Ich halte Abstand vom Trainer, stemme den Arm in die Hüfte. Mehr ist zum Glück nicht geblieben.
5.3. Bochum – Schalke
Zurück zu Fußball-Hünen. Mit der Körpergröße ist es wie mit Wettrüsten. Schalke hat sich zwar eine haushohe Abwehr zugelegt. Doch sollte Bochums Lokvenc sie am Samstag überragen, wird im Sommer nachgelegt. Unschön.CHRISTOPH SCHURIAN