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Archiv-Artikel

McDonalds im Feindesland

FASTFOOD Heimlich hat McDonalds am Dienstag eine Filiale im S-Bahnhof Sternschanze bezogen. Die Scheiben sind dicker als normal, ein privater Wachdienst ist engagiert

VON ROGER REPPLINGER

Man sieht es am Müll: Seit Dienstag hat im S-Bahnhof Schanze eine Filiale der US-amerikanischen Fastfoodkette McDonalds ihren Betrieb aufgenommen. Es handelt sich um einen „Satellite“, wie das bei McDonalds heißt, mit zehn Mitarbeitern im Schichtdienst. Also kein „Restaurant“ mit Sitzplätzen, sondern Essen im Stehen und Gehen.

Es gibt zwei Eingänge, einer zum Bahnhof hinein, einer zur Schanzenstraße. Normale Filialeröffnungen sehen anders aus. Mit Ronald McDonald, einer lustigen Figur, die mit den Kindern Späße macht, und tollen Eröffnungsangeboten. „Wir wissen, dass es da eine linke Szene gibt“, sagt Konzernsprecherin Regina Klausch, „da wollten wir keinen großen Rabatz machen. Es war auch alles ganz ruhig.“ Am Dienstag. Auch Dank eines großen Polizeiaufgebots.

Polizei war auch am Mittwoch da, als gegen 20 Uhr Demonstranten den Laden mit einem großen Transparent verschlossen, so dass diejenigen, die drin waren, nicht raus kamen, und diejenigen, die rein wollten, nicht rein kamen. Ein Polizeibeamter in Zivil, der zufällig im Laden war, funkte hektisch nach Verstärkung. Zwei Hundertschaften, so schätzen Augenzeugen, waren da gerade im Viertel unterwegs, um McDonalds vor den Anwohnern oder auch die Anwohner vor McDonalds zu schützen. McDonalds hat zusätzlich einen privaten Wachdienst engagiert. Das Glas der Scheiben ist, „wie bei allen Geschäften in der Schanze“, sagt Klausch, „dicker als normal“. Wer also ganz sicher gehen will, ist dort gut aufgehoben.

Am Donnerstag um die Mittagszeit ist der Laden mäßig voll. Schüler der Schule Altonaer Straße sind drin, Jugendliche gehen vorbei und tun so, als müssten sie sich übergeben. Fünf Angestellte in McDonalds-Uniform stehen im Laden und einer mit blauem Hemd. Nebenan hat auch die „Bullerei“ des TV-Kochs Tim Mälzer eröffnet. Der „Adidas“-Laden, Schulterblatt 11, in den Räumen des Traditionsgeschäfts „Wiko-Lederwaren“, steht kurz vor der Eröffnung. Nicht mehr lange, dann wird eine Filiale der Balzac-Kette bei „1000 Töpfe“ ihr Süppchen kochen.

Auch das Sanitätshaus schräg gegenüber ist ausgezogen. Die betagte Hauseigentümerin, in ihren Mietforderungen stets moderat, sah sich, von ihren Kindern auf die Entwicklungen in der Schanze aufmerksam gemacht, zu einer Mieterhöhung um 100 Prozent veranlasst. So viele Stützstrümpfe konnte das Sanitätshaus nicht verkaufen. Wie man hört, zieht hier – na was wohl? – eine Modeboutique ein.

In der Schanze erzählt man das Gerücht, die Stadt Hamburg plane einen Fördertopf für gebeutelte Geschäftsleute in der Schanze. Wer hohe Prämien für seine Glasbruchversicherung zahlen muss, weil ihm ständig die Scheiben eingeschmissen werden, ohne dass die Polizei, deren Aufgabe die Verhinderung derartiger Vorkommnisse ist, etwas dagegen tun kann, soll von der Stadt, die in der Tat ein großes Herz hat, entschädigt werden. „In den Genuss werden wir nicht kommen“, fürchtet McDonalds-Sprecherin Klausch.

Die Schanzen-Gastronomie sieht die neue McDonalds-Filiale gelassen. „Sind keine Konkurrenz für uns“, sagt Marcus Peters, Betriebsleiter von „Schmitt Foxy Food“, Schulterblatt 70. Geschäftsführer Marc Pagel erklärt: „Unsere Pommes sind geiler.“