: Herzen, steinbefreit
Dank dem 1:0 in Hannover erlebt Rostock ein neues Gefühl: Erfolg. Der ist den Hannoveranern vergangen
Die Rostocker genossen den Erfolg nach 15 Spielen ohne Sieg nur zaghaft. „Ich wusste gar nicht mehr, wie sich das anfühlt“, sagte Hansa-Torwart Mathias Schober nach dem überraschenden 1:0 seines Teams bei Hannover 96 und lächelte ein wenig verlegen. Und Trainer Jörg Berger verkündete nach dem Ende der Schreckens-Serie trocken: „Totgesagte leben länger.“ Nach dem ersten Sieg seit dem 10. Oktober vergangenen Jahres hofft Hansa nun im Kampf um den Klassenverbleib auf eine ähnlich unglaubliche Wende wie in der Saison 1998/99.
„Damals haben wir in Bremen gewonnen und haben dann eine Aufholjagd gestartet“, berichtete Torwarttrainer Perry Bräutigam. Es war ebenfalls der 24. Spieltag, als die Wende eingeleitet wurde: „Vielleicht klappt das ja nochmal.“
Das bisher schlechteste Team der Liga gewann bei Hannover 96 durch den Treffer von Rade Prica (28.) verdient und kletterte sogar auf den vorletzten Platz der Tabelle. „Das war ein ganz, ganz kleiner Schritt in Richtung Klassenerhalt“, meinte Berger vorsichtig. „Wir hatten auch das Glück, das uns in den letzten Wochen nicht beistand“, fügte er hinzu, während Keeper Schober gestand: „Mir sind gleich tonnenweise Steine vom Herzen gefallen.“
Während die Rostocker nun neue Hoffnung schöpfen, herrscht in Hannover nach der fünften Heimniederlage in Folge Jammerstimmung. Bereits nach 20 Minuten pfiffen die Fans, kurz vor Schluss brüllten sie: „Lienen raus.“ Der Trainer versuchte Verständnis zu demonstrieren und sagte: „Dabei empfindet man natürlich keine Freude, aber das sind Dinge, die im Fußball passieren.“ Härter ging er mit seiner Mannschaft ins Gericht. „Ich bin sehr, sehr enttäuscht“, klagte der Coach über die mangelnde Leidenschaft: „Das ist der Virus, den wir seit Beginn der Rückrunde haben.“
Von der Form der Hinrunde, als das Team in die Spitzengruppe vorgerückt war, ist 96 weit entfernt. Die Misstöne sind unuberhörbar. „Da müssen jetzt außerhalb des Platzes Zeichen gesetzt werden“, forderte Mertesacker: „Es geht um den Zusammenhalt in der Mannschaft.“ Die Zerfallserscheinungen sind nicht zu übersehen.
„Wir haben unsere glänzenden Aussichten verspielt“, sagte Manager Ilja Kaenzig und trauerte der vergebenen Chance auf eine Wende gegen die bisher schwächste Mannschaft der Liga hinterher: „Wir haben nicht einen Schritt voran gemacht, sondern zwei zurück.“ Die vorangegangenen Niederlagen könne er verschmerzen, denn „die waren gegen Gegner von anderem Kaliber“. Michael Rossmann