: Wohlfahrtsverbände stehen auf billig
1-Euro-Jobber sind als Gratis-Arbeitskräfte bei Caritas, Diakonischem Werk oder Paritätischem Wohlfahrtsverband beliebt. Doch den Verbänden geht’s nicht flott genug: Jobcenter seien zu lahm, erst ein Bruchteil der Plätze besetzt
Die Jobcenter kommen mit ihren Segnungen für Arbeitslose nicht hinterher: Eine der Bezirksbehörden beschied die Bitte des Malteser-Hilfsdienstes, man würde gerne 1-Euro-Jobber beschäftigen, mit der Information: „94 solcher Angebote haben wir schon auf der Warteliste. Wann wir zu Nummer 95 kommen, wissen wir nicht.“ Den Malteser-Besuchsdienst für ältere Menschen oder die Hausaufgabenbetreuung müssen also vorerst weiter Ehrenamtliche managen. Man warte jetzt erst einmal ab, bis der Ablauf klarer sei, sagt Malteser-Sprecherin Beatrix Hertle.
Gerade die Wohlfahrtsverbände hatten die Hartz-IV-Idee der Billigjobber – die schließlich dem Allgemeinwohl dienen sollen – Ende vergangenen Jahres euphorisch begrüßt. Angesichts allgegenwärtiger Sparzwänge lockt von der Arbeitsagentur finanzierte Gratis-Arbeitskraft (siehe Text oben). Doch sie dürften längst nicht so viele Leute beschäftigen, wie sie wollten, kritisieren die Verbände jetzt – schuld ist die lahme Bürokratie.
Während die Malteser erst mal ganz auf billige Hilfe verzichten, hatte das Diakonische Werk mehr Glück: 500 1-Euro-Jobber hätten angefangen, auf 3.000 hoffe man bis Ende des Jahres, sagt Vorstand Thomas Dane. Bei der Caritas sind erst 87 1-Euro-Jobs von 400 beantragten besetzt. Der Paritätische Wohlfahrtsverband peilt 2.000 Jobs in seinen Einrichtungen an, dass nur ein Bruchteil bewilligt ist, verdeutlicht das Beispiel Tempelhof-Schöneberg: „In dem Bezirk haben 39 angefangen, wir hoffen auf 200“, sagt Eberhard Löhnert, der die Geschäftsstelle Bezirke leitet. Die einhellige Analyse der Organisationen, warum es bei der Vermittlung hakt: Die Jobcenter sind überlastet, in den Behörden fallen Fallmanager oft nur durch ihre Abwesenheit auf.
Die Arbeitslosen übernehmen in Altenheimen, Obdachlosenbetreuungen oder mobilen Hilfsdiensten Aufgaben, die kaum für den ersten Arbeitsmarkt qualifizieren dürften: vorlesen, bei Freizeitaktivitäten wie Ausflügen zur Hand gehen und andere niedrigschwellige Hilfen. „Die IHK prüft sehr genau, ob die Jobs zusätzlich sind“, sagt Caritas-Sprecher Joachim Mordeja. „Da kommen dann schon mal Sachen wie Memory-Spielen mit Demenzkranken heraus.“ Hintergrund ist, dass 1-Euro-Jobs laut Gesetz keine regulären Arbeitsplätze verdrängen dürfen.
Auch dass sich 1-Euro-Jobber durch Schulungen Wissen aneignen können, steht bisher nur auf dem Hartz-IV-Papier – weil sie bei den Wohlfahrtsverbänden bestenfalls hektisch organisiert, meist aber gar nicht stattfanden. Caritas-Sprecher Mordeja verweist zwar auf eine „Begrüßungsveranstaltung“, räumt aber ein, dass Qualifizierungstreffen „erst in Kürze“ anlaufen. „Die bisherigen Schulungen waren unkoordiniert, jede Einrichtung hat ein eigenes System“, sagt auch Dane vom Diakonischen Werk. Das Werk will jetzt mit einem Beschäftigungsträger zusammenarbeiten, um Vermittlung und Schulung zu bündeln. „Die Leute brauchen eine vernünftige Vorbereitung. Manche haben mit psychisch Erkrankten zu tun“, sagt Dane. ULRICH SCHULTE