: Der Nutzen des Trivialen
„Bockstarke Klassiker“ nannte der Eichborn-Verlag in den 1980er Jahren eine Reihe, die Klassiker „verständlich und zum Totlachen“ aufbereitete – seinerzeit voll spontimäßig modern. Längst hat sich der Verlag von der Reihe verabschiedet, die Idee allerdings lebt im Kern weiter, und zwar nicht nur bei Jochen Dersch: Der Berliner Cornelsen-Verlag möchte mit seiner Reihe „Einfach klassisch“ durch modernisierte Sprache, Fotos und Infokästen den Zugang zu klassischen Texten erleichtern. Der Deutsche Germanistenverband spricht darob von „Unterforderungsdidaktik“ und „Kulturfrevel“.
Dabei ist die Übersetzung hochliterarischer in populäre Texte kein neues Phänomen: So hat die Überlieferung mittelalterlicher Stoffe im so genannten Volksbuch wesentlich zur Wiederentdeckung mittelhochdeutscher Epik seit Anfang des 19. Jahrhunderts beigetragen. Hauptprofiteure dieses Vorgangs sind dabei Literaturproduzenten wie Johann Wolfgang von Goethe, der beispielsweise das Volksbuch von Reineke Fuchs in neue Verse gießt. Insofern kann mit dem Literaturwissenschaftler Karl-Heinz Stierle die Verwilderung des Romans als Ursprung seiner Möglichkeit bezeichnet werden.