: „Es gibt ein klares Bekenntnis zur Zeitung“
MEDIENNUTZUNG Ein Symposium diskutiert heute die Zukunft der Zeitungen in Zeiten des Internet
■ ist Kommunikationsdesigner und Dozent im Studiengang „Integriertes Design“ der Hochschule für Künste. F.: Privat
taz: Herr Bastian, Sie stellen den „100. Leser“ vor – wer ist das?
Daniel Henry Bastian: Der 100. Leser ist die Idee zu einer Recherche. Elf Designstudierende haben Interviews mit 99 jungen, potenziellen Zeitungslesern zu ihrem Leseverhalten geführt, daraus Stimmungsbilder ausgewertet und visualisiert. Der 100. Leser ist ein virtueller Leser.
Und welche Eigenschaften hat der?
Er ist kritisch, analysierend, aber auch witzig. Er kommuniziert und reflektiert unsere Ergebnisse.
Wer wurde befragt?
Leser zwischen 16 und 29 Jahren – die offizielle Dimension der jungen Leserschaft, von der es heißt, dass sie die Zukunft der Zeitung entscheidet. Während dieser Altersphase wird das mediale Verhalten geprägt. Wen man da nicht als Leser gewinnt, den kriegt man nicht mehr.
Wie ist die Stimmung in dieser Gruppe?
Als Zeitungsfreund hatte ich Sorge, wir könnten herausfinden, dass ihnen die Zeitung egal ist. Glücklicherweise zeigen die jungen Leute aber ein großes Interesse an Zeitungen. Überraschend finde ich, wie differenziert, sensibel und bewusst ihr Umgang mit dem Medium ist. Eine informierte Öffentlichkeit oder die Pressefreiheit sind den jungen Lesern sehr wichtig.
Also kein Grund für Pessimismus bezüglich der Zukunft der Zeitung?
Es gibt ein klares Bekenntnis der Jungen zur Zeitung, aber nur wenige haben ein Abo – was durchaus existenziell für die Zukunft ist. Das Internet ist hier natürlich auch eine Konkurrenz. Allerdings gehen die Leute auch damit kritisch um.
Was ist da Ihr Rat?
Die Zeitungen müssen dranbleiben und auf allen Ebenen interessant sein, bei der Gestaltung und vor allem beim Inhalt. Sie sollten intelligent mit dem Internet umgehen, es kombinieren und einbinden. Da laufen viele hinterher, schauen zu und schreiben nur drüber.
Fühlen sich Ältere – als die treue Stammleserschaft – angesichts des Buhlens um die Jugend nicht vernachlässigt?
Nein, sie haben eine Art emotionale Bindung und sind sehr auf ihre Zeitung festgelegt. Eine gute Zeitung beschreibt, was in der Welt passiert. Nachrichten sind schließlich das Kerngeschäft und da ist das Interesse altersunabhängig. Bald wird sich aber die Seniorenseite mit Themen für Leser ab 60 in den Zeitungen etablieren. So wie es heute die Jugendseiten gibt. INTERVIEW: THA
Symposium, 14 bis 18 Uhr, Hochschule für Künste, Speicher XI