Geliebte Bank mit heimlichen Affären

Riskantes Geschäftsgebaren, Amigo-Politik, vernachlässigte Aufsicht – die Sächsische Landesbank ist in der Bredouille

DRESDEN taz ■ „Ein Vater wird doch nicht sein liebstes Kind im Stich lassen“, raunt der parlamentarische Geschäftsführer Heinz Lehmann von der CDU-Fraktion. Manchmal aber verpassen auch wohlmeinende Väter wie der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) den Zeitpunkt, an dem sie auf ein Lieblingskind wie die Landesbank Sachsen einwirken müssen. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und dem Rücktritt der Vorstände musste erst die PDS mit einem Untersuchungsausschuss drohen, um Milbradt zu einer Regierungserklärung gestern im Landtag zu zwingen.

An der Wiege der kleinsten und einzigen ostdeutschen Landesbank standen 1992 nicht nur der damalige Finanzminister Milbradt, sondern eine breite Mehrheit des Landtags. Ein neuer Finanzverbund mit den kommunalen Sparkassen und eine internationale, teils riskante Strategie der Bank brachte sie seit drei Jahren immer häufiger in die Schlagzeilen. So verschwanden 2003 beispielsweise 40 Millionen Euro eines Großkredits an den Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid in Schleswig-Holstein. Argwöhnisch fragte die damalige Landtagsopposition nach Verlusten, die in den ausgegliederten Töchtern der Landesbank versteckt würden. Ihr Sturmgeschütz Karl Nolle, obschon mit seiner SPD inzwischen ins Regierungslager gewechselt, hielt sich auch an seinem 60. Geburtstag gestern nicht zurück. Überhöhte Bewertungen bei der Immobilientochter Real und Geschäfte in Dublin hätten mindestens 43 Millionen Euro Schaden verursacht, während die regionalen Geschäfte nur noch 2 Prozent ausmachten.

Hauptstreitpunkt aber ist die Bewertung des 49-Prozent-Anteils, den Ludwig Hausbacher und seine Tutzinger Firma ILL an der Landesbank-Tochter Mitteldeutsche Leasing MDL hält. Aus scheinbar dicker Freundschaft ist ein Zerwürfnis geworden, Hausbacher klagt auf 140 Millionen Schadenersatz. Als sein Berater fungiert pikanterweise Sachsens Expremier Kurt Biedenkopf und bereitet seinem Nachfolger Milbradt Ärger. Zum Ende Februar erfolgten Abgang der Vorstände Michael Weiss, Rainer Fuchs und jetzt auch von MDL-Chefin Andrea Braun aber trug der „subjektive Faktor“ bei. Eine klassische Dienstwagenaffäre, „Mätressenwirtschaft“ zwischen Weiss und Braun und zuletzt der Verdacht auf Urkundenfälschung brachten eine Lawine ins Rollen. Ein internes Spitzelsystem und eine starke Personalfluktuation kamen hinzu.

Milbradt ging gestern in Vorwärtsverteidigung. Er rühmte den mit zuletzt 45 Millionen Euro höchsten Gewinn in der Landesbankgeschichte. Er gab die Devise „Rettet die Landesbank“ aus – und bekam auch von der Opposition Zustimmung. Staatsanwaltschaft und Rechnungshof müssen noch ermitteln. Im Juli droht, dass die öffentliche Gewährträgerhaftung wegen einer neuen EU-Regelung fallen gelassen wird: Die Landesbank wäre nicht mehr wettbewerbsfähig. MICHAEL BARTSCH