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Archiv-Artikel

„Konsumorientierte Deppen“

DDR-Komödie als historischer Nachwende-Film

Von GKW
JULIANE RYTZ, 31

■ hat Germanistik und Kulturwissenschaft studiert und lehrt an der Uni Bremen Neuere Deutsche Literaturwissenschaft.

taz: Frau Rytz, im Rahmen der DDR-Spielfilmreihe wird heute Abend „Go, Trabi, Go“ gezeigt. Wie passt diese Komödie in die Reihe „Mauerblicke“?

Juliane Rytz, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Uni Bremen: Der Film hat eine historische Bedeutung, denn er spiegelt die Stimmung nach der Wende wider und hinterfragt das „Ossi-Klischee“ – nicht, indem er es negiert, sondern indem er es ausspielt und den Ostdeutschen aufs Korn nimmt. Die Familie Struutz, um die es in dem Film geht, wird jedoch nicht verhöhnt. Man darf ruhig über sie lachen, lacht aber vor allem mit ihnen. Viele halten den Film dennoch für eine flache Komödie.

Gab es deshab Bedenken, den Film mit in die DDR-Spielfilmreihe aufzunehmen?

Ja, man war sich dessen nicht sicher. Er ist auch tatsächlich streckenweise sexistisch und eigentlich nicht mehr besonders witzig. Das liegt meiner Meinung nach aber daran, dass der Film vor zwanzig Jahren gedreht wurde und uns die Zeit nach der Wende schon wieder so fern erscheint, dass wir den Humor teilweise nicht mehr verstehen. Auf den ersten Blick hat „Go, Trabi, Go“ keinen Tiefgang, aber wenn man genauer hinschaut, erkennt man so einige Wahrheiten.

Welche Wahrheiten?

Zum Beispiel, dass die Dinge, die die Bundesrepublik als hegemoniale Gesellschaft den Ostdeutschen zuschrieb, so nicht stimmen. Die Ossis galten als konsumorientierte Deppen, die für ein paar Bananen anstehen und die Begegnung mit dem Fremden nicht aushalten. Familie Struutz sucht jedoch nach genau dem Fremden, als sie mit dem Trabi nach Italien aufbricht. Diese Neugier und Vorfreude auf das Neue und Goethes italienische Reise als Kompass widersprechen dem damaligen Bild des rückständigen Ostdeutschen. Interview: GKW

„Go, Trabi, Go“ heute um 21:00 Uhr in der Schauburg