Premiere im Börsenfieber

Das Bezahlfernsehen übertrifft beim Börsenstart die Erwartungen. Fraglich ist, ob das so bleibt: Gewinn macht das Unternehmen noch nicht. Fußball soll die Kohle bringen

BERLIN taz ■ Der Börsengang der Premiere AG ist geglückt. Die größte Emission der deutschen Mediengeschichte bringt knapp 1,2 Milliarden Euro für die Pay-TV-Plattform. Mit über 31 Euro notierte die Aktie gestern Nachmittag deutlich über dem Ausgabekurs von 28 Euro und bescherte dem DAX ein kurzlebiges Strohfeuer. Die zwölffach überzeichnete Emission war die größte seit dem Börsengang der Postbank vergangenen Sommer. Analysten werteten sie gestern als gutes Zeichen, dass sich das Vertrauen von Privatanlegern in die Börse erholt.

Vom „fulminanten Debüt“ sprach selbst die sonst nüchterne Wirtschaftsagentur Reuters, Premiere-Chef Georg Kofler, der 1997 schon den Börsengang von ProSieben AG gemanagt hatte, freute sich bei n-tv, den Tränen nahe, über einen „Traumstart“.

Mit dem Börsengang hat sich das Bezahlfernsehen vom Sorgenkind zum Hoffnungsträger des TV-Markts katapultiert. „Wir werden wachsen“, versprach Kofler. Die Abo-Plattform, die über zwei Dutzend digitaler TV-Programme bietet, hat derzeit in Deutschland und Österreich nur 3,25 Millionen AbonnentInnen. BSkyB, das erfolgreichste Pay-TV Europas, kommt im wesentlich kleineren britischen Fernsehmarkt dagegen auf über 7,4 Millionen Kunden. Zudem bietet der Kabelfernsehbetreiber KDG seit kurzem selbst Pay-TV an.

Aktionärsschützer warnten gestern auch vor zu viel Euphorie. „Die Premiere-Aktie ist nach wie vor ein Risikopapier“, sagte Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW), der dpa. Denn das Unternehmen macht weiterhin Verlust – nur im letzten Quartal 2004 sorgte der vorweihnachtliche Run auf Premiere-Abos erstmals für schwarze Zahlen. Das Jahresergebnis 2004 blieb negativ. Kofler setzt für den weiteren Abo-Ausbau klar auf exklusive Rechte an der Fußball-Bundesliga und geht damit auf Konfrontationskurs mit der ARD-„Sportschau“.

Direkt und netto fließen Premiere, an dem Kofler mit knapp 14 Prozent der Anteile selbst beteiligt ist, nur gut 300 Millionen Euro aus dem Börsengang zu, mit weiteren knapp 300 Millionen Euro drückt das Unternehmen seine Schulden erstmals unter die 100-Millionen-Euro-Marke. STEFFEN GRIMBERG