Unsichere Zukunft für die Frauenpolitik

Die UNO-Frauenrechtskonferenz in New York geht heute zu Ende. Umstritten waren Resolutionen zu wirtschaftlichem Fortschritt und Frauenhandel. Regierungsunabhängige Organisationen kritisieren die Konzentration auf die Millenniumsziele

AUS NEW YORK CHRISTA WICHTERICH

„Die UNO ist im Augenblick kein Terrain, wo wir Fortschritte machen können. Es geht nur um die Verteidigung des Erreichten.“ Lydia Alpizar aus Mexiko ist eine Frauenrechtsaktivistin, die seit Anfang der Neunzigerjahre zwischen der Organisierung junger Frauen auf der lokalen Ebene und den UN-Verhandlungen pendelt. Reichlich frustriert ist sie zum Ende der Frauenrechtskonferenz in New York, dass die globale Ebene so viele Energien frisst. Aber sie will die UNO nicht als Forum aufgeben, „denn wir haben kein anderes“.

Anders als vor zehn Jahren bei der Peking-Konferenz ist der Ton der regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs) nicht mehr von Regierungsschelte geprägt, sondern von Kooperation und gemeinsamer Abgrenzung von den Konservativen. Umgekehrt fragten Regierungsdelegierte bei den NGOs Vorschläge ab, wenn es um die schnelle Formulierung von Texten ging.

Neben der kurzen Erklärung zur Bestätigung der Aktionsplattform von Peking wurden während der UN-Frauenrechtskonferenz zehn Resolutionen verhandelt. Am umstrittensten waren zwei US-Resolutionen zum „wirtschaftlichen Fortschritt von Frauen“ und zum Frauenhandel. Die USA setzten beim Frauenhandel den Schwerpunkt auf Prostitution und auf die „Nachfrageseite“ im Zielland. Dahinter steht die Position, dass jede Prostitution Gewalt bedeutet, sie deshalb illegalisiert und Freier kriminalisiert werden sollen. Außerdem geht es um die Abschottung gegenüber Migrantinnen. Länder des Südens und Osteuropas betrachten Frauenhandel dagegen als komplexes Problem, dessen ökonomische Ursachen in den Herkunftsländern mit in Betracht gezogen werden müssen. Die NGOs versuchten, einen integrierten Ansatz einzubringen, in dem soziale und wirtschaftliche Rechte nicht von bürgerlichen oder sexuellen Rechten getrennt sind.

Auch die US-Resolution zum „ökonomischen Fortschritt“ sorgte für Widerspruch. Sie trug eine neoliberale Handschrift und hob lediglich auf Unternehmerinnen und ein frauenfreundliches Investitionsklima ab. Auch hier verwiesen die NGOs auf die Makro-Ökonomie und soziale und wirtschaftliche Frauenrechte. Die USA blocken dies jedoch ab und fordern lediglich Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen, weil sie Rechtsverbindlichkeit fürchten.

Das dominante Thema in Workshops und Debatten waren allerdings die Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs), mit denen die UNO die Armut bis zum Jahr 2005 halbieren will. Dieses Projekt wirkt wie ein Staubsauger: Es schluckt alle anderen Themen und zieht alle finanziellen Mittel auf sich. Von NGO-Seite hagelte es in New York Kritik an den MDGs: Frauen tauchen lediglich in den stereotypen Rollen als (Schul-)Mädchen, Schwangere und Mütter auf. Es mangelt an einem Menschenrechtsansatz ebenso wie an einer Ursachenanalyse von Armut.

Eines ist gewiss am Ende der Peking-Bilanz: Wenn es weitergehen soll mit dem 30-jährigen Projekt, Frauenpolitik von der UN-Ebene her voranzubringen, während die Frauenbewegung gleichzeitig auf der lokalen Ebene politischen Druck erzeugt, dann müssen neue Strategien, Instrumente und Bündnisse her. Das Einpassen von Frauenrechten in das Millenniumsprojekt reicht dazu nicht aus.